Inflation lässt nach, Wachstum schwächt sich ab

Die Kurse riskanter Anlagen haben sich von ihren Tiefständen im Oktober deutlich erholt. Zurückzuführen ist das auf die wieder nachlassende Inflation, die Stabilisierung der Marktzinsen, ein Ende der Dollar-Aufwertung und die Wiederöffnung Chinas. Dennoch rechnen wir nach wie vor mit einer harten Landung der Konjunktur in den entwickelten Ländern im laufenden Jahr. Ungeachtet unserer insgesamt vorsichtigen Positionierung sind wir der Ansicht, dass es immer mehr Renditechancen gibt. Das gilt vor allem für die Schwellenländer, von denen sich viele in einer anderen Phase des Zins- und Wachstumszyklus befinden als die entwickelten Volkswirtschaften.

Angesichts der Verlangsamung des Wachstums halten wir an einer leichten Untergewichtung von Aktien fest. Wir bevorzugen die relative Sicherheit von Staatsanleihen, die höhere Renditen bieten und deren Kurse sich zu stabilisieren scheinen.

Auf regionaler Ebene haben wir die US-Börsen untergewichtet, da deren Bewertungen nicht so attraktiv sind, wie das andernorts der Fall ist. Europa sehen wir allerdings ebenfalls negativ. Im Euroraum riskiert die EZB mit der Straffung ihrer Geldpolitik eine Rezession. Wir favorisieren Aktien aus Schwellenländern, zumal die chinesische Zero-Covid-Politik ausläuft. 

Am Anleihenmarkt haben wir Hochzinspapiere aufgrund nachlassenden Wachstums auf negativ herabgestuft. Wir schätzen demgegenüber die relative Sicherheit von Investment-Grade-Anleihen. Bei Staatsanleihen haben wir den japanischen Markt untergewichtet, da wir die dortige Geldpolitik nicht für nachhaltig halten. 

Bei den Währungen haben wir den Yen gegenüber dem Euro übergewichtet. Während die Aussichten für den Euroraum schwierig sind, bietet der Yen ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis. Übergewichtet bleiben wir in Schwellenlandwährungen, die von einer nun weniger aggressiven US-Zinspolitik, guten Fundamentaldaten und der Wiederöffnung Chinas profitieren sollten. 

-

Makroausblick

Europa erweist sich als robuster als gedacht – Risiken bestehen aber fort

Die europäische Wirtschaft hat in den Wintermonaten bislang besser abgeschnitten als erwartet, weil die Energiepreise wieder gesunken sind. Der Rückgang der Gasnachfrage aufgrund milder Witterung und die fiskalpolitische Unterstützung haben ebenfalls geholfen. Unsere umfragebasierten Konjunkturindikatoren für den Euroraum (EA) haben sich in den letzten beiden Monaten verbessert, deuten aber weiterhin auf eine Kontraktion hin. Die realen Wirtschaftsdaten haben sich als widerstandsfähiger erwiesen, als die Umfragen es erwarten ließen, was uns zu der Annahme veranlasst, dass die Winterrezession moderat ausfällt oder ganz vermieden werden kann. 

Der Euroraum ist aber noch nicht über den Berg. Es besteht nach wie vor die Möglichkeit einer geldpolitisch bedingten Rezession im weiteren Jahresverlauf. Wir glauben, dass eine zurückhaltende Straffung durch die EZB – kumulierte Zinserhöhungen um weitere 75 Basispunkte und ein Endstand von 2,75 % – zu einer leichten Rezession führen wird. Ein restriktiverer Kurs, wie er am Markt erwartet wird, dürfte zu einer tieferen Rezession und zu Risiken für die Finanzstabilität führen.

Inflation dürfte dieses Jahr schneller sinken, als es die EZB erwartet

Wir glauben nicht, dass die EZB so offensiv vorgehen muss, wie es die Finanzmärkte unterstellen. So gehen wir davon aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten schneller sinkt, als es die Zentralbank erwartet. Die Engpässe auf der Angebotsseite lassen nach, unterstützt durch die Wiederöffnung Chinas. Die Kerninflation im Euroraum ist niedriger und weniger starr als in den USA. Die Teuerung bei Dienstleistungen nach der Wiederöffnung der Volkswirtschaften im Euroraum sollte sich weiter normalisieren. Aufgrund von Basiseffekten dürfte die Inflation ab dem ersten Halbjahr 2023 deutlich sinken, sodass das 2 %-Ziel der EZB Ende 2023 oder Anfang 2024 erreichbar erscheint.

Die EZB geht jedoch davon aus, dass die Inflation über ihren gesamten Prognosehorizont (bis 2025) oberhalb von 2 % bleiben wird.  Die Inflationserwartungen liegen ebenfalls über dem Zielwert. Während wir mittelfristig weiterhin davon ausgehen, dass die Inflation im Zuge der Herausforderungen in punkto Energiesicherheit und ökologischen Wandels in Europa hartnäckig bleiben wird, sind wir der Meinung, dass die EZB den Inflationsdruck in den kommenden Monaten überschätzt und damit das Risiko einer zu starken Straffung der Geldpolitik eingeht.

Grafik 1: Unsere Konjunktur-Indikatoren erholen sich etwas, deuten aber immer noch auf eine Schrumpfung hin

-

Quelle: Fidelity International, Fidelity Global Macro Research; Januar 2023

Chinas Ausblick hellt sich auf 

Die chinesische Zero-Covid-Politik ist von der Regierung abrupt beendet worden. Die Infektionszahlen haben offensichtlich ihren Höhepunkt überschritten und die Mobilität innerhalb des Landes erholt sich. Dies spricht dafür, dass das Wirtschaftswachstum in China positiv überraschen könnte, nicht zuletzt angesichts von regulatorischen Lockerungen in einigen Bereichen und dem Ziel einer allgemein wieder wachstumsfreundlichen Politik im Jahr 2023. 

Grafik 2: In China sollte der Konsum seinen Rückstand wieder gut machen

-

Hinweis: Die Indizes werden durch Abzinsung der monatlichen nominalen Einzelhandelsumsätze mit der monatlichen Inflationsrate berechnet.
Quellen: Fidelity International, Bloomberg; Januar 2023

Die chinesische Regierung hat ihre Unterstützung für den Immobiliensektor stetig erhöht und dürfte ihre gezielten geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen fortsetzen, wenngleich sich deren Wirkung nur verzögert einstellen könnte. Fragen bleiben in Bezug auf geopolitische Entwicklungen sowie das Ausmaß einer Erholung des Tourismus, der von erheblicher Bedeutung für die Zahlungsbilanz Chinas ist. Unseres Erachtens wird sich die rasche Wiederöffnung Chinas positiv auf das globale Wachstum auswirken. Allerdings könnte der daraus resultierende Anstieg der Rohstoffnachfrage die Inflation anheizen.

US-Schuldenobergrenze birgt Risiken

Am 19. Januar wurde in den USA die gesetzlich festgelegte Schuldenobergrenze (derzeit 31,4 Billionen USD) erreicht. Die Regierung begann mit der Umsetzung außerordentlicher Maßnahmen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit. Dies markiert auch den Beginn ernsthafterer Verhandlungen zwischen den beiden Parteien im Kongress. So muss eine Einigung über die Anhebung der Schuldengrenze erzielt werden, damit das US-Finanzministerium seine Verpflichtungen erfüllen und einen Zahlungsausfall vermeiden kann. 

Während in der Vergangenheit stets eine Einigung erzielt werden konnte, dürfte der Weg zu einer Lösung im Jahr 2023 schwieriger werden und möglicherweise zu einer Lösung erst in letzter Minute führen. Dies birgt eine Reihe negativer Risiken, wie z. B. eine allgemeine Marktkrise, eine Herabstufung des Ratings der USA und/oder eine Beeinträchtigung des realen Wirtschaftswachstums in den USA. Ein Zahlungsausfall des US-Finanzministeriums ist zwar unwahrscheinlich, doch sind die Risiken diesmal deutlich höher als in der Vergangenheit, was entsprechende Aufmerksamkeit rechtfertigt.

Makroresearch als Basis der Asset Allocation

Das Global Macro & SAA Team von Fidelity trägt zu den taktischen Anlageentscheidungen bei. Es liefert wichtige Inputs und kooperiert mit dem Investmentteam, um die maßgeblichen gesamtwirtschaftlichen Faktoren zu verstehen und darauf zu reagieren.

Indikatoren von Fidelity

Der FLI Cycle Tracker ist im Dezember in den Quadranten oben links aufgestiegen (unterdurchschnittlich, sich verbessernd), nachdem er 16 Monate lang im unteren linken Quadranten gelegen hatte. Die aufgehellte Stimmung ist auf wieder gesunkene Energiepreise und die Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft zurückzuführen. Die globalen Wachstumsaussichten bleiben jedoch eingetrübt, da die wichtigsten Zentralbanken die Leitzinsen weiter anheben.

FLI Cycle Tracker

-

Quelle: Fidelity International; Stand: Januar 2023

FLI: Änderung über 3 Monate vs. OECD-Industrieproduktion

-

Quelle: Fidelity International; Stand: Januar 2023

Der Indikator für die Lage in den Unternehmen ist im Dezember in den oberen linken Quadranten gestiegen, da der nachlassende Energiepreisschock und der sinkende Inflationsdruck die Stimmung in Europa aufgehellt hat. Dem standen teilweise schwächere Umfrageergebnisse in der übrigen Welt gegenüber. Unterdessen deuteten die Einkaufsmanagerindizes im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor weiterhin auf eine Schrumpfung hin.

Die Komponente Konsum & Arbeitsmarkt rückte ebenfalls in den oberen linken Quadranten vor. Das Verbrauchervertrauen verbesserte sich in allen Regionen. Die Dynamik am Arbeitsmarkt ließ jedoch nach, was die Verbesserung im Konsumbereich zunichtemachte. Am US-Arbeitsmarkt stieg die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung und die Zahl der Überstunden sank, was auf eine nachlassende Nachfrage nach Arbeitskräften hindeutet.

Fidelity Leading Indicator (FLI)

Der FLI soll die kurzfristige Richtung und Dynamik des globalen Wachstums prognostizieren und die dafür maßgeblichen Faktoren identifizieren. Konkret soll der FLI die globale Industrieproduktion und andere zyklische Variablen auf Sicht von rund drei Monaten vorhersagen. Fidelity Solutions & Multi Asset nutzt den FLI als Bezugspunkt bei der taktischen Asset Allocation.

Core Asset Allocation

Anlagesegment Einschätzung Änderung Begründung

Aktien

 

 

 

USA

Die Stimmungsdaten lassen nach und die Inflation geht zurück, weshalb die US-Notenbank das Tempo bei weiteren Zinserhöhungen drosseln kann. Die erschwerten Finanzierungsbedingungen werden aber allmählich zur Belastung.

Europe (exkl. UK)

- Wir erwarten eine Rezession in der kontinentaleuropäischen Industrie. Die EZB hat angesichts des erhöhten Inflationsdruck ihre Geldpolitik deutlich gestrafft.
Großbritannien - Während die Binnenwirtschaft wahrscheinlich vor einer Rezession steht, sind sowohl international ausgerichtete Large-Caps als auch die Aktien auf den heimischen Markt ausgerichteter Unternehmen weiterhin günstig bewertet. 
Japan - Angesichts des Inflations- und Kostendrucks könnten die japanische Politik der Kontrolle der Renditekurve und die Nullzinspolitik möglicherweise enden. 
Schwellenländer  - Günstig für die Emerging Markets ist die rasche Beendigung der Zero-Covid-Politik Chinas, das sich nun wieder stärker auf das Wachstum konzentriert. Der Höhepunkt der USD-Aufwertung könnte den Schwellenländern ebenfalls nutzen.
Pazifikraum (exkl. Japan)

- Die Anfälligkeit des australischen Immobilienmarktes bleibt ein Risiko für die Region. Die Erwartungen für das Ertragswachstum sind nach wie vor schwach, allerdings unterstützt die Wiederöffnung Chinas speziell Hongkong und Singapur.
Credits      
Unternehmensanleihen (Investment Grade)  - Wir bevorzugen IG-Anleihen aufgrund ihrer defensiven Qualitäten. Ihre Credit-Spreads und Gesamtrenditen sind relativ attraktiv gemessen am Ausfallrisiko.
High Yield-Anleihen (global) Die typische Anfälligkeit dieser Anlageklasse für Rezessionsrisiken sowie die sich verschärfenden Kreditbedingungen stellen ein Hemmnis dar.
Emerging Market Bonds (Hartwährungen)  Die Abschwächung des US-Dollars und eine begrenzte Straffung der US-Geldpolitik sind kurzfristig von Vorteil für EM-Anlagen. Auch die Wiederöffnung Chinas könnte die Volkswirtschaften in den Schwellenländern unterstützen.
Staatsanleihen      
USA - Staatsanleihen dürften von der rückläufigen Kerninflation und der zunehmenden Wahrscheinlichkeit profitieren, dass nur noch begrenzte Zinserhöhungen erfolgen.
Euroraum (Bundesanleihen) - Die EZB scheint bereit zu sein, ihre Leitzinsen weiter aggressiv anzuheben, obwohl eine leichte Rezession im Euroraum wahrscheinlicher geworden ist.
Großbritannien - Die britische Wirtschaft steht vor ähnlichen Problemen wie die des Euroraums. So dürfte Großbritannien aufgrund der Auswirkungen der Verschuldung auf den Immobilienmarkt und der Intensität der Arbeitskämpfe vor einer Rezession stehen. 
Japan Die verstärkten Anleihekäufe durch die Notenbank nach ihrer Entscheidung, die Renditen breiter schwanken zu lassen, haben zu Turbulenzen geführt. Wir halten die derzeitige Geldpolitik in Japan nicht für nachhaltig.  
Inflationsindexierte Papiere (USA) US-TIPS erscheinen im Vergleich zu nominalen Anleihen interessant aufgrund zunehmend billiger werdender Inflation-Breakevens.

Währungen

     

USD

 

- Angesichts der weniger aggressiven US-Geldpolitik und der Wiederöffnung Chinas hat der Dollar trotz robusten Wachstums wahrscheinlich seinen Zenit erreicht. 

EUR

▼▼ Zwar dürfte die EZB vorerst eine restriktive Geldpolitik verfolgen. Dennoch haben wir haben den Euro aus Bewertungsgründen gegenüber dem Yen untergewichtet. 

JPY

Der Yen erscheint nach wie vor günstig bewertet und hat sich gegenüber Nicht-Dollar-Währungen bislang nur wenig bewegt. Eine mögliche Straffung der japanischen Geldpolitik könnte dem Wechselkurs des Yen Schub verleihen.
GBP - Die britische Notenbank hält sich trotz starker Inflation und hohem Leistungsbilanzdefizit nach wie vor zurück. Gleichzeitig tut sich der Immobilienmarkt schwer und die Fiskalpolitik begünstigt eine Rezession.

Emerging Markets

- Die Kombination aus moderater US-Geldpolitik, Wiederöffnung Chinas, wachstumsfördernder Politik sowie relativ guten Fundamentaldaten und Bewertungen dürfte die Devisenmärkte der Schwellenländer stützen. 

Quelle: Fidelity International; Stand: Januar 2023. Die Veränderung spiegelt den Richtungsunterschied der Einschätzung gegenüber dem Vormonat wider. Die Einschätzungen beziehen sich auf einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten und bieten eine breite Basis für Entscheidungen zur Asset-Allocation. Sie spiegeln jedoch nicht zwangsläufig die aktuellen Positionen der Anlagestrategien wider, die nach spezifischen Zielen und Vorgaben umgesetzt werden.

Fidelity Solutions & Multi Asset

Fidelity Solutions & Multi Asset ist ein globales Team, das Portfolios mit einer breiten Palette von Anlageklassen managt - darunter Aktien, Anleihen, Immobilien, Infrastruktur und andere alternative Investments. Das Team ist darauf spezialisiert, für Kunden ergebnisorientierte Strategien zu entwickeln und zu verwalten. Dabei kombiniert es mehrere Anlageklassen, um die jeweiligen Ziele zu erreichen.

Zum 31. Dezember 2022 verwaltete Fidelity Solutions & Multi Asset für institutionelle und private Kunden aus aller Welt Anlagen in einem Volumen von mehr als 47 Mrd. US-Dollar. Das Team deckt die folgenden Bereiche ab: Anlagemanagement, Makroanalyse & Asset Allocation, Research, Kundenlösungen und Umsetzung. Es stützt sich dabei auf die operative Infrastruktur von Fidelity, arbeitet in den Hauptanlageklassen mit den Bottom-up-Investmentteams von Fidelity zusammen und nutzt deren umfangreiches globales Research.

Weitere Informationen zu Strategien und Services von Fidelity Solutions & Multi Asset erhalten Sie bei Ihrem lokalen Ansprechpartner bei Fidelity.

Asset Allocation

Asset Allocation Mai 2023

Trotz verbesserter Stimmung bleibt die Rezessionsgefahr in den Industrienatio…


Fidelity

Fidelity

Research team

Druck im Bankensystem erhöht Konjunkturrisiko

Weiterhin Vorsicht angebracht, wobei Aktien aus Schwellenländern Chancen biet…


Fidelity

Fidelity

Research team

From the top down: Capital market assumptions in the climate crisis

Concerns are rising that investors may not have sufficient tools to consider …


Fidelity International

Fidelity International

Global Macro & Strategic Asset Allocation Team