Auch wenn Chinas Wachstum 2020 nachgelassen hat, so eröffnen sich am Anleihemarkt im Reich der Mitte dank ständiger Reformen doch weiterhin spannende Perspektiven. Vier Fidelity-Experten berichten, wie sich der Markt gerade verändert und welche Chancen das Anlegern bietet.
Der chinesische inländische Anleihemarkt, auch Onshore-Markt genannt, ist mit einem Volumen von umgerechnet rund 18 Billionen US-Dollar* (Stand Dezember 2020) hinter den Vereinigten Staaten der zweitgrößte der Welt. Und er entwickelt sich rasant. Bis 2025 soll er sich nochmals verdoppeln. In den Portfolios der Investoren spiegelt sich dies bislang aber kaum wider. „Insgesamt liegt der Anteil der ausländischen Anleger am Onshore-Markt bei nur zwei bis drei Prozent, an chinesischen Staatsanleihen bei rund zehn Prozent“**, sagt Vanessa Chan, Investmentexpertin bei Fidelity in Hongkong. Zum Vergleich: An entwickelten Märkten wie Italien oder Kanada sind 40 Prozent der Anleihen in den Händen ausländischer Investoren.
Der chinesische Anleihemarkt im globalen Vergleich
Ein wesentlicher Grund dafür ist in der bisher weitgehenden Abschottung der chinesischen Inlandsmärkte zu sehen. Das aber ändert sich langsam. Im Zuge der Liberalisierung der Finanzmärkte wurde 2017 das Bond-Connect-Programm eingeführt, das ausländischen Investoren auch ohne Onshore-Konto den Handel in Hongkong ermöglicht. Auch wurden die Beschränkungen, die bislang durch Investitionsquoten im Rahmen von QFII und RQFII galten, aufgehoben. Zudem wurde der geldpolitische Transmissionsmechanismus verbessert und Chinas Regierung hat damit begonnen, den Währungsmarkt zu liberalisieren.
Kapitalmarktreformen zeigen Wirkung
Bezogen auf Unternehmensanleihen am Onshore-Markt zum Beispiel haben die Reformen zu einer effizienteren Preisfindung und Kapitalallokation beigetragen. Das zeigt sich an der Zunahme der Zahlungsausfälle. „Während die Ausfallraten bei chinesischen in US-Dollar gehandelten Offshore-Anleihen bei durchschnittlich fünf Prozent liegen, betragen sie am Onshore-Markt weniger als ein Prozent“, so Alvin Cheng, Credit Research Associate bei Fidelity. „Jetzt aber steigen sie, während zugleich die Rückzahlungsquoten fallen." Für ihn ist das ein Zeichen dafür, dass der Markt an Reife und an Effizienz gewinnt.“
Im Zuge der Reformen wurden chinesische Staatsanleihen zudem erstmals in globale Bondindizes aufgenommen. Infolgedessen stieg der Anteil internationaler Investoren an diesen Papieren von zwei Prozent im Jahr 2014 auf heute rund zehn Prozent**. Setzt sich der Prozess der Liberalisierung fort, dann dürfte die Nachfrage weiter zunehmen. „Zudem sorgt die anstehende Lancierung des Futures für 30-jährige Anleihen, womit dann die gesamte Laufzeitpalette der chinesischen Staatsanleihen abgedeckt ist, für eine höhere Marktliquidität“, erklärt Olivia He aus der Handelsabteilung von Fidelity.
Chinas Onshore-Aktien mit Diversifikationseffekt
Noch wichtiger für Investoren dürften aber bestimmte Eigenschaften chinesischer Onshore-Anleihen sein: „Diese Titel waren in der Vergangenheit zu den Aktien- und Anleiheindizes in Euro und Dollar negativ korreliert“, erklärt der in Hongkong ansässige Portfoliomanager Morgan Lau. Durch diesen Diversifikationseffekt ließ sich zum Beispiel durch die Beimischung chinesischer Staatsanleihen die Rendite-Risiko-Relation eines globalen Anleiheportfolios in der Vergangenheit verbessern. Das heißt, für die gleiche Rendite mussten Anleger weniger Volatilität in Kauf nehmen.
Wer sind die chinesischen Anleiheemittenten?
Dazu kommt, dass Chinas Anleihemarkt nicht nur eine niedrige Korrelation zu anderen Märkten bietet, sondern auch attraktive Renditen. Da die Zinsen und Renditen auf globaler Ebene 2020 aufgrund der Corona-Krise sogar wieder gefallen sind, bietet der chinesische Inlandsmarkt auch in dieser Hinsicht eine Alternative.
Eine tiefgreifende Expertise ist eine wichtige Voraussetzung, um am Onshore-Markt erfolgreich zu investieren. Denn dieser entwickelt sich ständig weiter, behält gleichzeitig aber viele Eigenheiten und Hürden. Das Team von Fidelity in Hongkong und Shanghai kann nicht nur unentdeckte Chancen ausfindig machen, sondern auch die Risiken durch ihre Nähe zu diesem Markt besonders gut abschätzen.
Immer mehr Investitionsmöglichkeiten
Dazu zählt derzeit noch die Liquidität, wie Olivia He klar macht. „Da der größte Teil der Anleihen in Händen von chinesischen Institutionen ist, die eine Buy-and-hold-Strategie verfolgen, ist die Liquidität gering und kann auf kurze bis mittlere Sicht ein Risiko darstellen. Auch mangelnde Handelsvolumina können beim Managen der Volatilität für ausländische Anleger eine Herausforderung sein.“ Weitere Unsicherheitsfaktoren für 2021 sind neben den Folgen der Corona-Epidemie auch die Volatilität der Währung, die Kapitalflüsse, sowie die hohe Verschuldung.
Angesichts der beschriebenen Herausforderungen, des erwarteten Wachstumsrückgangs und dem noch nicht gelösten Handelskonflikt, bestehen weiter Risiken. Allerdings bringt die wirtschaftliche Entwicklung in China auch Chancen in neuen Bereichen mit sich. So ergeben sich durch die Abkehr vom exportgestützten Wachstum hin zu einer Stärkung des Binnenmarktes neue Anlagemöglichkeiten im Konsumbereich. Auch für Investoren, die Wert auf Nachhaltigkeit liegen, hat die Volksrepublik zunehmend mehr zu bieten.
*Quelle: WIND, Unlocking China's Hidden Bond Treasures | PineBridge Investments, Stand 31. Dezember 2020.
**Stand 31. August 2021.
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