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Aktueller Kurzbericht - Bankenkrise im Fokus

Carsten Roemheld

Carsten Roemheld - Kapitalmarktstratege Fidelity International

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In Kürze: 

  • Massiver Wechsel des Zinsregimes erhöht den Druck auf Banken
  • USA: Regionalbanken mit Vertrauenskrise
  • Europa: Schweiz und Crédit Suisse als Sonderfall

Zinskurve massiv gesunken

Nach ohnehin volatilen Monaten waren die Zinsschwankungen in der vergangenen Woche noch höher als zuletzt. Denn eigentlich hatten sich die Marktteilnehmer bereits auf ein längerfristig höheres Zinsniveau eingestellt. Infolge der aktuellen Banken-Problematik hat sich die Zinskurve dann aber doch wieder stark nach unten bewegt: Bei 2-jährigen US-Staatsanleihen fiel sie innerhalb weniger Tage um satte 100 Basispunkte von über fünf auf unter vier Prozent. 

USA: Regionalbanken mit Vertrauenskrise

Was aber heißt nun eigentlich genau Banken-Problematik? Und was ist der Unterschied zur Finanzkrise 2008? Nun: Damals hatten Banken schwache Assets in ihren Bilanzen angehäuft, gepaart mit hohen finanziellen Hebelkräften. Als dann die ersten Schuldner ausfielen, entstanden regelrechte Dominoeffekte. Das ist heute nicht mehr das Problem: Die Bilanzen der Banken haben sich seit der Finanzkrise stabilisiert. Das neue Problem rührt vielmehr von vermeintlich soliden Assets her. Den wegen der massiven Zinserhöhungen der Notenbanken gab es in den vergangenen Monaten starke Kursverluste bei Staatsanleihen. In diese Papiere waren Banken wie die Silicon Valley Bank (SVB) massiv investiert. 

Der Plan der SVB war eigentlich, diese sicheren Papiere bis zur Endfälligkeit zu halten. Dann wären auch zwischenzeitliche Kursverluste kein Problem gewesen. Nun aber entstand eine Liquiditätskrise , da parallel viele Unternehmen aus dem Silicon Valley wegen schwacher Geschäfte Geld brauchten und Einlagen von der SVB abzogen. Die Bank musste Staatsanleihen verkaufen, um liquide zu bleiben – und so die hohen Buchverluste realisieren. Weil Kunden daraufhin Vertrauen in die Bank verloren, kam es zu einem regelrechten Bank Run: Innerhalb weniger Stunden wurden Einlagen in Höhe von rund 40 Milliarden US-Dollar abgezogen. Das ist für kaum eine Bank zu stemmen. 

Die SVB ist eine Regionalbank. Daher gilt sie nicht als systemrelevant und wird bei einer Schieflage dementsprechend auch nicht um jeden Preis staatlich gestützt. Dasselbe gilt für viele andere Regionalbanken in den USA. Deshalb ziehen viele Kunden gerade von diesen Regionalbanken ebenfalls Einlagen ab und wechseln zu systemrelevanten und damit sicheren Großbanken. Diese Entwicklung hält an und macht den Fall der SVB nun über den Einzelfall hinaus zum Problem.
Es ist durchaus möglich, dass es zu weiteren Bank Runs kommt. Dagegen kann eine Bank allein kaum etwas tun. Und es kann auch überaus solide Institute treffen – denn die Ursachen sind oft eher psychologischer Natur und selten fundamental gerechtfertigt. Soziale Medien sind dabei ein wichtiger Faktor. Dort kursieren viele oberflächliche Analysen, die das Vertrauen in eine Bank zu Unrecht erschüttern können. Tatsächlich wäre nach Auffassung vieler Beobachter ein Eingriff von Seiten der US-Behörden nötig, um weitere Vertrauensverluste in die Regionalbanken zu verhindern. US-Finanzministerin Janet Yellen hat bislang aber noch keine Garantien oder Ähnliches abgegeben. 

Europa: Schweiz und Crédit Suisse als Sonderfall

In Europa und insbesondere bei der Crédit Suisse in der Schweiz sind die Gründe für die jüngsten Verwerfungen noch einmal anders gelagert: Die Crédit Suisse war in den vergangenen Jahren in einige Skandale verwickelt. Es gab Korruptionsvorfälle, Geldwäschevorwürfe, massive Fehlentscheidungen im Management und einen erheblichen Verlust von Vertrauen und auch Kundeneinlagen. Am Ende des Niedergangs steht nun die Übernahme durch den ewigen Konkurrenten UBS. Das konnte Marktteilnehmer erst einmal beruhigen. Was sie aber im Zuge der Übernahme zuletzt massiv beunruhigte: Während Aktien der Crédit Suisse im Rahmen der Übernahme immerhin noch 75 Rappen wert waren, gingen Inhaber so genannter AT1-Anleihen oder auch Coco-Bonds mit einem Volumen von umgerechnet rund 17 Milliarden Euro leer aus. Diese speziellen Wertpapiere sind in der Kaskade der Sicherheit eigentlich über Aktien angesiedelt: ein Aktionär sollte als Eigenkapitalgeber grundsätzlich ein höheres Risiko tragen als Anleihegläubiger, die Fremdkapitalgeber sind. 

In diesem Fall greift aber eine spezielle Rechtsprechung aus der Schweiz, die in der EU so nicht gilt – und die die CoCo-Bond-Inhaber von Ansprüchen entrechtet. Die EZB hat schnell klar gemacht, dass die Kaskade der Sicherheit von Wertpapieren in Europa weiter Bestand hat. Will sagen: Im Fall der finanziellen Schieflage einer Bank in der EU werden die Gläubiger von Anleihen inklusive riskanterer Nachranganleihen vor Aktionären befriedigt. Das hat für nochmal für Sicherheit am Markt gesorgt.

Massiver Wechsel des Zinsregimes erhöht den Druck auf Banken

Die SVB und Credit Suisse sind also aus ganz unterschiedlichen Gründen in Not geraten. Und die Problem-Institute Signature Bank und Silvergate in den USA stellen ebenfalls Sonderfälle dar. Insofern handelt es sich hier auch nicht um strukturelle Probleme des Bankensektors insgesamt wie zu Zeiten der Finanzkrise. Aber: Je mehr solcher Einzelfälle auftreten, desto mehr stellt sich dann doch die Frage nach den ursächlichen Gemeinsamkeiten in diesen Zeiten. Und auch diese sind schwer zu übersehen: So haben Kapitalmärkte im Zuge der Corona-Krise weltweit extreme Stimuli erfahren, in deren Folge manche Institute dazu übergegangen sind, Wertpapiere zu Höchstkursen zu kaufen, insbesondere auch die vermeintlich sicheren Staatsanleihen. Das führt nun nach der Zinswende zu hohen Buchverlusten. 
Die Situation ist also auch dem Zinszyklus und dem massiven Anstieg der Zinsen geschuldet, die zwischenzeitlich in den USA auf um die fünf Prozent steigen. Hinzu kommen drohende Verluste aus Kreditgeschäften, wenn produzierende Unternehmen ihrerseits gestiegene Kosten für ihre Finanzierungen nicht mehr tragen können. Diese Entwicklung muss man weiter beobachten.

Verschärfte Finanzierungsbedingungen: Keine weiteren Zinserhöhungen nötig 

Tatsächlich ersetzen die Marktkräfte aktuell ein Stück weit die Aufgaben der Notenbank  Fed: Die Entwicklungen bei Aktienkursen, Zins-Spreads, kurz- und langfristigen Zinsen sowie Währungen haben zuletzt so ähnlich gewirkt, als ob die Fed weitere Zinserhöhungen anstrebte. Zudem werden Banken ihrerseits Einlagenzinsen nach oben anpassen und Kreditbedingungen weiter verschärfen. Dabei haben sich die finanziellen Bedingungen für Schuldner bereits deutlich verschärft. 

Aktuell erwartet der Markt deshalb nun eher moderate Zinserhöhungen der Fed. Im Anschluss sind sogar Zinssenkungen bis Jahresende möglich.  Ähnlich ist die Erwartung mit Blick auf die EZB. 
Zudem kann es zu einem sogenannten Credit Crunch kommen, sprich: es drohen Kreditengpässe. Die Wirtschaft würde in der Folge unter Druck geraten, das Risiko für eine Rezession ist gestiegen, auch kurzfristig. 

Wie agieren die Zentralbanken mit Blick auf Inflations- und Krisenbekämpfung? Die EZB will zur Stabilisierung der Banken Instrumente einsetzen, die der Inflationsbekämpfung nicht im Wege stehen, aber natürlich muss man hier abwägen. Praktisch heißt das: Die EZB will Kredite speziell für Banken zur Verfügung stellen. Ganz ähnlich hat es die Schweizer Notenbank bereits vorgemacht. 

Vorsicht bleibt das Gebot der Stunde

Der Blick auf die Entwicklung früherer Krisen zeigt: Vorsichtiges Positionieren am Markt ist das Gebot der Stunde. Denn vermutlich ist die Krise noch nicht ausgestanden. Erst wenn sich die Schwere einer zu erwartenden Rezession einschätzen lässt, werden die Aussichten wieder besser. Bislang ist noch unklar, was noch auf die Märkte zukommt. Heißt: Solide Aktien und Anleihen bleiben vorerst erste Wahl. Grundsätzlich kann es zudem sinnvoll sein, Aktienbestände in einer Krise langsam aufzubauen. Für große Sprünge ist es aber noch zu früh.

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Stand, soweit nicht anders angegeben: März 2023.

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