Dividenden sind beliebt, weil sie in unsicheren Märkten zu einem stabilen Anlageerfolg beitragen können. Doch was passiert mit den Gewinnausschüttungen in einer Rezession? Es lohnt sich, Dividendenstrategien genauer zu betrachten.

Mit dem Frühling startet auch die Dividendensaison. Von März bis Mai beteiligen die meisten Unternehmen ihre Aktionäre traditionell am Erfolg des Vorjahres und schütten Gewinne in Form von Dividenden aus. In diesem Jahr dürfte der Zahltag für deutsche Anleger besonders üppig ausfallen.

Nach derzeitigem Stand1 werden allein die 40 DAX-Konzerne rund 52 Milliarden Euro ausschütten. Besonders hohe Dividenden zahlen Unternehmen aus der Chemie-, Automobil- und Versicherungsbranche. Spitzenreiter ist der Chemie-Gigant BASF, der am 27. April seine Hauptversammlung abgehalten und dort eine Dividende von 3,40 Euro pro Aktie beschlossen hat. Aktionäre können sich damit über eine Dividendenrendite von rund sieben Prozent freuen2.

Eigentlich wird an den Börsen die Zukunft gehandelt – so lautet jedenfalls eine verbreitete Börsenweisheit. Gemeint ist damit die Aussicht auf künftige, möglichst steigende Gewinne, die im Kalkül vieler Anleger eingeplant sind und die Kurse treiben sollen. Derzeit wird der Blick nach vorn jedoch von vielen Unsicherheiten getrübt. In Zeiten großer globaler Verwerfungen sind es daher eher die stabilen und planbaren laufenden Erträge, die zum Erfolgsfaktor werden. Anders gesagt: In volatilen Zeiten sollte sich der Blick eher auf bewährte und stabile Geschäftsmodelle richten statt auf solche, die nur von der Hoffnung auf überproportionale Erträge/Wachstum geprägt sind.

Dividendenstrategien passen gut in diese Zeit. Denn regelmäßige hohe Ausschüttungen können gerade in Krisenzeiten ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, wie die einflussreiche Prospect Theory der Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Amos Tversky3 lehrt. Das hilft, in turbulenten Phasen einen kühlen Kopf zu bewahren und überstürzte Verkäufe zu vermeiden.

Widerstandsfähig unter Rezessionsdruck

Zur Psychologie kommen fundamentale Gründe: Laut Datenanalysen4 von J. P. Morgan erwiesen sich Dividendenzahlungen in vergangenen Rezessionen als deutlich robuster als die Gewinne. Anders gesagt: Selbst in schwieriger Wirtschaftslage halten die Unternehmen oft an ihren Ausschüttungen an Aktionäre fest. Dabei geht es um Image und Vertrauen, aber auch darum, Kurse stabil zu halten. Schließlich gelten zuverlässige Dividendenzahler als gesund, bilanzstark und liquide – ein Ruf, den sie nur ungern riskieren möchten.

Zudem sind Dividendenaktien im Vergleich zu sogenannten Wachstumstiteln – die etwaige Gewinne nicht ausschütten, sondern eher investieren – gemeinhin günstiger bewertet5. Weil sie über bewährte Geschäftsmodelle und solide Cashflows verfügen, mag die Fantasie für künftige Gewinnsteigerungen begrenzt sein. Dafür bricht das Geschäft in einer Rezession aber auch nicht so stark ein. Und zumindest in kurzen Rezessionsphasen bleibt auch in einem Tief Spielraum für Ausschüttungen.

Fazit

Statt Klarheit und Orientierung brachte das erste Quartal am Ende weitere Unsicherheiten. Bei hoher Volatilität und einer drohenden Rezession können Dividendenstrategien ihre relative Stärke ausspielen. An den Börsen werden eben nicht nur die Gewinne der Zukunft gehandelt – sondern auch die Früchte der Vergangenheit geerntet.

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