Der Klimaschutz wird bei Anlageentscheidungen immer wichtiger. Wie sich die CO2-Bilanzen verschiedener Multi-Asset-Portfolios vergleichen lassen – und warum die Analysten von Fidelity dabei nicht nur quantitative Konzepte einsetzen.

Anleger rücken die Nachhaltigkeit und insbesondere Klimaverträglichkeit ihrer Investments zunehmend in den Fokus. Doch wie können Anleger den CO2-Fußabdruck verschiedener Portfolios vergleichen, vor allem wenn sie breit diversifiziert sind und mehrere Arten von Wertpapieren enthalten? Konkret: Für welche Mengen an Treibhausgasemissionen ist ein Multi-Asset-Portfolio verantwortlich, das sowohl aus Aktien als auch aus Anleihen besteht?

Das Scope-Konzept: CO2-Emissionen auf Unternehmens-Ebene messen

Grundlage für die zurechenbaren CO2-Emissionen eines Portfolios sind die Emissionen der darin enthaltenen Unternehmen. Die internationale Bilanzierung nach dem so genannten „Greenhouse Gas Protocol“  bildet dafür den international anerkannten Rahmen. Das System erfasst in den drei Kategorien Scope 1, Scope 2 und Scope 3 sowohl direkte als auch indirekte Klimagas-Emissionen eines Unternehmens.

Scope 1: Direkte Emissionen eines Unternehmens, vor allem aus Produktion, Heizungsanlagen, Fahrzeugen.

Scope 2: Indirekte Emissionen, die insbesondere bei der Erzeugung von eingekauftem Strom und Fernwärme entstanden sind.

Scope 3: Weitere indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette, die insbesondere beim Transport, bei eingekauften Rohstoffen und Vorprodukten sowie der späteren Nutzung von Produkten und schließlich ihrer Entsorgung anfallen.

Tatsächlich erfassen bislang nur wenig Unternehmen ihre Scope-3-Emissionen. Das ist durchaus ein Problem, denn je nach Sektor können in dieser Kategorie die meisten Emissionen eines Unternehmens anfallen. Künftig dürften auch Zahlen zu Scope-3-Emissionen vermehrt verfügbar sein, bis dahin arbeiten die Fidelity-Analysten mit den verfügbaren Daten der Kategorien Scope 1 und Scope 2.

Der CO2-Fußabdruck eines Portfolios

Bei reinen Aktienportfolios ist die Berechnung der CO2-Bilanz relativ einfach. Ausgangspunkt sind die Emissionswerte der einzelnen, im Portfolio enthaltenen Unternehmen. Die zweite Rechengröße ist der Anteil des Investors gemessen an der Marktkapitalisierung der Unternehmen, zum Beispiel ein oder zwei Prozent. Mit diesem Anteilswert schlägt die Jahresemission des betreffenden Unternehmens in der CO2-Bilanz des Portfolios zu Buche. Aufsummiert über alle Beteiligungen ergibt sich schließlich die Menge an CO2-Emissonen, für die das Gesamtportfolio verantwortlich ist (siehe Beispielrechnung 1).

Beispielrechnung 1: CO2-Fußabruck eines Portfolios

Beteiligung Scope 1 und 2 Emissionen in tCO2e Anteil an der gesamten Marktkapitalisierung Portfolioanteil an den tCO2e-Emissionen
an Unternehmen 1 2.200.000 1% 22.000
an Unternehmen 2 1.400.000 2% 28.000
Summe     50.000

Quelle: Fidelity International, 2021

Dieser Ansatz funktioniert allerdings nicht für Mischfonds, die Aktien und Anleihen enthalten. Die Emissionen könnten zwar zusätzlich entsprechend dem Anteil des Portfolios an den Gesamtkrediten eines Emittenten zugewiesen werden. Doch würde ein Unternehmen mehr Schulden machen, so würde der rechnerische Anteil des Portfolios an dessen Emissionen sinken, auch ohne dass das Unternehmen klimafreundlicher geworden ist. Außerdem würde diese Methode den CO2-Ausstoß doppelt zählen, wenn ein Portfolio sowohl Aktien als auch Anleihen desselben Unternehmens enthält.

Herausforderung CO2-Profil von Mischportfolios

Das Problem lässt sich zwar lösen, indem man statt der Marktkapitalisierung den Unternehmenswert, und damit auch die Nettoverschuldung berücksichtigt. Allerdings bereitet auch diese Methode Schwierigkeiten, wenn ein Unternehmen zwar Anleihen emittiert, aber keine Aktien an der Börse platziert. Außerdem sind Anleihen wie auch Aktien volatil, ihre Bewertungen verändern sich fortlaufend. Weiteres Problem: Man kann mit dieser Methode die CO2-Bilanzen verschiedener Fonds untereinander oder mit ihrer Benchmark allenfalls bedingt vergleichen. Denn weil große Fonds mehr Aktien und Anleihen besitzen als kleine, haben sie zwangsläufig auch einen höheren CO2-Fußabdruck – selbst wenn sie die gleichen Titel enthalten.

Die Lösung: Konzept der gewichteten durchschnittlichen CO2-Intensität

Bei dieser Methode berechnen die Analysten im ersten Schritt, wie klimafreundlich ein Unternehmen wirtschaftet, konkret: wieviel Tonnen Treibhausgas-Äquivalent es pro Million Dollar Umsatz emittiert (tCO2e/Mio.$).

Um die CO2-Intensität eines Portfolios zu berechnen, gewichten die Analysten nun die CO2-Intensität jedes enthaltenen Unternehmens gemäß seinem Anteil am Portfolio – unabhängig davon, ob es sich dabei um Aktien oder Anleihen handelt. Wenn die Papiere eines Unternehmens beispielsweise zehn Prozent eines Portfolios ausmachen, wird die CO2-Intensität dieses Unternehmens ebenfalls mit zehn Prozent gewichtet (siehe Beispielrechnung 2). Mit dieser Formel werden alle Portfoliobestände bewertet und die jeweiligen Ergebnisse am Ende addiert. Das Resultat ist die gewichtete durchschnittliche CO2-Intensität eines Portfolios. Mit diesem Konzept können Anleger auch Multi-Asset-Fonds unterschiedlicher Größe im Hinblick auf ihre CO2-Intensität miteinander vergleichen.

Beispielrechnung 2: CO2-Intensität eines Portfolios

Beteiligung Scope 1 und 2 Emissionen in tCO2e Umsatz in
Mio.$
CO2-Intensität
in tCO2e/Mio.$
Unternehmens-gewichtung im Portfolio Gewichteter Durchschnitt in tCO2e/Mio.$
an Unternehmen 1 2.200.000 65.000 33,8 60% 20,3
an Unternehmen 2 1.400.000 30.000 46,7 40% 18,7
Summe         39,0

Quelle: Fidelity International, 2021


Ganzheitliche Betrachtung notwendig

Perfekt ist auch dieser Ansatz freilich nicht. Zum Beispiel lassen steigende Marktpreise für Produkte den Umsatz von Unternehmen steigen und damit ihre CO2-Intensität sinken, ohne dass das betreffende Unternehmen klimafreundlicher geworden wäre. In Branchen mit stark schwankenden Marktpreisen kann es deshalb zu Verzerrungen kommen, etwa bei Energieversorgern. Dort könnte es sinnvoller sein, die CO2-Emissionen zum Beispiel in Relation zur Menge des erzeugten und verkauften Stroms zu setzen.

Zudem beschränken sich unsere Analysten grundsätzlich nicht auf die Auswertung quantitativer Daten, sondern gehen aktiv auf die verantwortlichen Manager der Unternehmen zu. Sie fragen im Detail nach, wie genau ein Unternehmen die Emissionsziele seiner Geschäftsbereiche überprüft und deren Einhaltung kontrolliert. Schließlich sind die Angaben der Unternehmen zu ihren Emissionen die Basis für die Berechnung einer Portfolio-CO2-Bilanz. Zudem werden in solchen Gesprächen häufig Veränderungen der CO2-Emissionen eines Unternehmens offenkundig, bevor sie im Nachhaltigkeitsbericht auftauchen.

Fazit

Klimaschutz wird für Anleger immer wichtiger. Mit dem richtigen Konzept lassen sich CO2-Bilanzen verschiedener Multi-Asset-Portfolios aufstellen und vergleichen. Neben quantitativen Analysen spielen dabei auch Befragungen der verantwortlichen Manager in den Unternehmen eine wichtige Rolle.

1https://ghgprotocol.org/sites/default/files/standards/Corporate-Value-Chain-Accounting-Reporing-Standard_041613_2.pdf 

CO2-Fußabdruck von Unternehmen messen

Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss der CO2-Ausstoß auf null sinken – und das möglichst schnell. Doch wo setzt man an?

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