Wie wird sich Covid-19 auf die europäischen Volkswirtschaften und Unternehmen auswirken? Nach dem beispiellosen Ausverkauf im März sehen wir jetzt die ersten Anzeichen für eine Rückkehr zur „Normalität". Zeit für einen genaueren Blick auf Europas Aussichten – und auf die Frage, warum Anleger heute die europäischen Aktienmärkte in Betracht ziehen sollten.

Auf einen Blick

  • Covid-19 hat dramatische Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft, doch die Geld- und Finanzpolitik wirkt dem entgegen 
  • Eine Investition in Europa bietet Zugang zu erstklassigen Unternehmen mit vielfältigen Einnahmequellen und guten ESG-Profilen
  • Die Breite und Vielfalt der europäischen Märkte eröffnen echte Stockpicking-Möglichkeiten
  • Die Kurzausschläge sind enorm – jetzt ist es an der Zeit, sich auf die Auswahl langfristiger Branchengewinner zu konzentrieren
  • Europäische Aktien erscheinen im Vergleich zu Anleihen günstig und besser bewertet als US-Aktien

Die wirtschaftlichen Kosten der Pandemie werden deutlich

Das BIP der Eurozone ging im ersten Quartal um 3,8% zurück – dieser Quartalsverlust war größer als während der globalen Finanzkrise. Die Marktkommentatoren gehen allgemein davon aus, dass sich am Ende des zweiten Quartals eine Rezession bestätigen wird. 

  • Pessimistische Schätzungen halten eine Schrumpfung der Wirtschaft um bis zu 15% für möglich. 
  • Der Einkaufsmanagerindex (EMI) sank im April auf sein zweites Rekordtief in Folge. 
  • Der Economic Sentiment Indicator der Europäischen Kommission verzeichnete das niedrigste Vertrauensniveau für den Euroraum seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1985. 

Die geld- und finanzpolitischen Reaktionen auf Covid-19

Angesichts der düsteren Wirtschaftsdaten fielen die geld- und finanzpolitischen Reaktionen drastisch aus. Die Europäische Zentralbank (EZB) startete ein Pandemie-Notkaufprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro, das mindestens bis Ende 2020 laufen wird.

In den einzelnen Ländern haben die europäischen Regierungen eine ganze Reihe von finanzpolitischen Unterstützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht, darunter die größte Freistellung von Arbeitskräften in der Geschichte. 30 Millionen Arbeitnehmer in ganz Europa erhalten derzeit staatlich geförderte Einkommen: Die Regierungen versuchen, die Haushalte während der Krise zu unterstützen. Die politischen Entscheidungsträger scheinen also entschlossen, die immensen Herausforderungen anzupacken und Abhilfe zu schaffen.

Warum sollten Anleger europäische Aktien in Betracht ziehen?

Als Anlageklasse halten wir europäische Aktien vor allem aus zwei Gründen für attraktiv: Diversifikation und Bewertung. Die Anleger richten ihr Augenmerk häufig auf den Zustand der politischen Union und der Wirtschaft, wo Europa vor einer Vielzahl von Herausforderungen steht. Die Risiken, die von der italienischen Verschuldung, dem Brexit und der Flüchtlingskrise ausgehen, sind berechtigte Gründe, die Aussichten für die Region mit Vorsicht zu betrachten. Als Anlageklasse sind europäische Aktien jedoch viel weniger von Europa und seinen politischen und wirtschaftlichen Problemen abhängig, als es den Anschein hat.

Aus unserer Sicht sprechen jenseits der tagesaktuellen Schwankungen fünf gewichtige Argumente für europäische Aktien.

Argument 1: Europäische Unternehmen haben regional gut diversifizierte Ertragsquellen
Argument 2: Europa ist im dynamischen Wandel
Argument 3: Die Bewertungen in Europa bleiben attraktiv
Argument 4: Europa ist ein Paradies für Stockpicker
Argument 5: Gute ESG-Profile könnten Kapital nach Europa locken

Fazit

  • Der europäische Aktienmarkt ist ein reichhaltiges Jagdrevier für Investoren. Globale Spitzenunternehmen, die ein gutes Wachstum und vielfältige Einnahmequellen bieten, werden aufgrund kurzfristiger Bedenken unter Umständen an den Rand gedrängt. Dies eröffnet Chancen. 
  • Das starke regulatorische Umfeld in Europa sorgt für ein gewisses Vertrauen in die Qualität und Liquidität der europäischen Aktienmärkte. Die Vielfalt der Unternehmen bietet Anlegern die Möglichkeit, sich auf das Wachstum in anderen Regionen wie den Schwellenländern auszurichten. Alles in allem ermöglicht eine Investition in Europa eine Ausrichtung auf globale Aktien mit unterschiedlichen Einkommensströmen: Das ist eine Tatsache, die leicht übersehen werden kann, da in Europa die Politik die Schlagzeilen beherrscht.
  • In Europa haben viele Unternehmen mit sehr guten ESG-Referenzen ihren Sitz. Dies könnte mehr Kapital in die Region locken. Denn immer mehr Investoren fordern einen stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit.
  • Europäische Aktien sind für langfristige Anleger sehr attraktiv. Denn die Schwankungen in diesem Jahr sind frustrierend und äußerst schmerzhaft. Doch sie bieten in vielerlei Hinsicht eine hervorragende Gelegenheit, um falsch bewertete Aktien aufzuspüren. Dies ist für die Zukunft des europäischen Aktienmarktes sehr spannend.

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