Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Nachhaltigkeit hören? … An Windräder? Solarzellen? Oder an Natur? …Diese Bienen hier sind jedenfalls auch bei uns in Kronberg fleißig bei der Arbeit.
Sie liefern jeden Tag einen sichtbaren Ertrag für unsere Umwelt und die Natur. Warum ich Ihnen das erzähle? …Weil es heute genau darum gehen soll: Wie passen Nachhaltigkeit und ein guter Ertrag zusammen?... Nicht im Bienenstock, sondern in der Finanzwelt.
Mein Name ist Andreas Telschow und ich begrüße Sie herzlich zu unserer Videoreihe: Erfolgreich Investieren.
In dieser Folge geht es um nachhaltige Geldanlage. Ich zeige Ihnen
- Wie Sie Ihr Geld so anlegen können, dass Sie damit etwas bewegen.
- Was genau es eigentlich mit den drei Buchstaben E, S und G auf sich hat.
- Und warum Sie keineswegs auf Rendite verzichten müssen, wenn Sie Ihr Geld mit gutem Gewissen anlegen.
Starten wir mit einer Bestandsaufnahme. …Was schätzen Sie, wie viel Geld die Deutschen in nachhaltige Wertanlagen stecken? Der Fondsverband BVI hat nachgerechnet. Das Ergebnis: allein im Jahr 2021 sind 60 Milliarden Euro in nachhaltige Fonds geflossen. Das war rund dreimal so viel wie im Jahr davor. …Mehr als je zuvor!
Der Marktanteil von Fonds mit nachhaltigen Merkmalen liegt inzwischen bei 31 Prozent. Insgesamt fast eine halbe Billion Euro. Und die Nachfrage wächst immer weiter.
Wir sprechen hier also nicht von einem Nischenthema oder irgendwelchen Öko-Investments, sondern von einem Mega-Milliarden-Markt.
Aber was heißt das eigentlich: Nachhaltig anlegen?
Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten.
Was Nachhaltigkeit genau bedeutet, das ist nirgendwo so ganz genau festgelegt. Eine wichtige Rolle spielt in jedem Fall das Kürzel ESG. Es steht für
- E wie Environment, also Umwelt
- S wie Social oder auf Deutsch „Soziales“ und
- G wie „Governance“, was gute Unternehmensführung bedeutet.
Nach diesen drei Faktoren lässt sich beurteilen, ob Unternehmen das Klima schützen, ob sie Arbeitnehmerrechte respektieren, ob sie darauf achten, dass Gleichberechtigung herrscht und niemand diskriminiert wird. Und ob sich Vorstände und Aufsichtsräte stets korrekt verhalten. All das gilt als nachhaltig – es geht bei ESG also um weit mehr als nur um Umweltschutz.
Bei Investmentfonds ist die Sache mit der Nachhaltigkeit inzwischen auch gesetzlich geregelt. Gemäß der – Achtung: Zungenbrecher – EU-Offenlegungsverordnung müssen Fondsanbieter nämlich darlegen, wie nachhaltig ihre Fonds das Geld anlegen.
Die Fonds sind nach EU-Recht drei Kategorien zugeordnet. Wichtig für Sie als Anleger ist. Diese Kategorien sind keine Gütesiegel. Sie sollen erst mal nur Transparenz darüber schaffen, ob ein Fonds grundsätzlich auf ökologische oder soziale Themen schaut.
- Das sind zunächst die sogenannten Artikel-6-Fonds. Das sind Fonds, die keine besonderen Nachhaltigkeitsstandards erfüllen.
- Dann kommen die Artikel-8-Fonds. Das sind sogenannte ESG-Fonds, die bei der Geldanlage ganz bewusst auf bestimmte Nachhaltigkeitskriterien achten und das auch offenlegen. Was das genau bedeutet, dazu kommen wir später.
- Artikel-9-Fonds sind schließlich die sogenannten Impact-Fonds. Sie achten nicht nur auch ESGKriterien, sondern tragen darüber hinaus nachweislich aktiv zu Nachhaltigkeitszielen bei. Bei solchen Fonds geht es also zum Beispiel nicht bloß darum, etwas besonders energieeffizient zu produzieren, sondern saubere Energie zu erzeugen.
Artikel 6,8,9. Nach dieser Aufteilung können Anleger also grob herausfinden, ob ein Fonds grundsätzlich nachhaltige Kriterien beachtet.
Im Depot von finden Sie die Fonds übrigens ganz leicht nach Kategorien sortiert .
Zugleich sind die drei Kategorien bloß nur ein Anfang. Sie reichen bei weitem nicht aus, um zu verstehen, wie Geldanlage und gutes Gewissen zusammenpassen – und ob ein Fonds mit seinem Ansatz überhaupt Ihren eigenen ESG-Vorstellungen entspricht. Ihre eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen sind aber entscheidend für die passende Geldanlage. So können Sie beispielsweise in einem Beratungsgespräch selbst entscheiden, wieviel Nachhaltigkeit Sie haben möchten.
So wie Sie wahrscheinlich alle andere Präferenzen haben, gibt es auch unter Vermögensverwaltern ganz unterschiedliche Ansätze zur Nachhaltigkeit. Die bekanntesten Strategien schauen wir uns jetzt einmal im Schnelldurchlauf an.
- Ausschluss: Das gilt oft als unterste Stufe von Nachhaltigkeit. Worum geht’s? Grob gesagt darum, bestimmte Branchen und Unternehmen bei der Geldanlage grundsätzlich zu meiden. Waffenlieferanten, Tabakindustrie und Unternehmen, die Kinderarbeit zulassen, stehen meist auf dem Index. Manchmal ist der Ausschluss auch strenger, umfasst zum Beispiel auch Lieferanten fossile Energie wie Kohle, Gas und Öl.
- Best-in-Class: Hier sind wir in Stufe zwei. Das Fondsmanagement vergleicht Unternehmen derselben Branche und wählt dann die Klassenbesten aus, also die, die es verglichen zu anderen besonders gut machen. Gesucht wird also die nachhaltigste Bank, der ESG-Sieger unter den Autobauern, der grünste Lebensmittelhändler. Das Best-in-Class-Modell wird oft mit einem harten Ausschluss problematischer Branchen gekoppelt – damit man nicht Unversehens in die Einäugigen unter den Blinden investiert.
- Themeninvestments: Unter diese Kategorie fallen traditionell Umwelt- oder Ökofonds. Es lassen sich auch andere Themen wie Wasser oder Abfallmanagement bündeln. Anleger sollten in jedem Fall darauf achten, dass auf den Produkten nicht nur irgendein Thema draufsteht – sondern auch, was konkret dahintersteht. Also etwa, wie Umwelt oder Wasser genau ins Depot kommt.
- Impact-Investments: Das kam eben schon mal vor, denn laut EU sind das die sogenannten Artikel-9-Fonds. Hier geht es nicht nur darum, Geld dort anzulegen, wo ESG-Kriterien eingehalten werden. Sondern es geht um noch mehr: Nämlich darum, mit dem Geld möglichst direkt und konkret Gutes zu tun. Beispielsweise, indem man in Windkraftanlagen investiert. Die haben einen direkten Einfluss aufs Klima – weil sie CO2-freien Strom liefern. Wie genau der sogenannte Impact aussieht, das ist allerdings wiederum eine Definitionsfrag. Und auch gar nicht so leicht zu berechnen.
Apropos einen Unterschied machen: Das können Anleger nicht nur, indem sie sich für die gute Seite der Unternehmens- oder Staatenwelt entscheiden und die Sünder meiden. Sondern auch, indem sie ihren Einfluss als Geldgeber geltend machen und sich engagieren. Als Aktionär beispielsweise mit ihrem Stimmrecht. Die Manager der großen Fondsgesellschaften bündeln diese Stimmrechte sogar. Und das ist noch längst nicht alles: Aktive Fondsmanager führen zudem regelmäßig Gespräche mit den Unternehmen, in die sie Geld investieren, begleiten sie auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit – und schieben sie zum Teil auch an.
In solchen Gesprächen lässt sich engagiert streiten
- für mehr Umweltschutz,
- für eine faire Bezahlung
- für mehr Frauen in der Führungsspitze
- oder auch für eine ganz grundlegende Transformation von Geschäftsmodellen weg von hohem Energieverbrauch, hin zu neuer umweltschonender Technologie.
Anlegen aus Überzeugung kann also auch bedeuten: Den Einfluss als Investor nutzen – und mit seinem Geld Unternehmen in eine sinnvolle Richtung bewegen.
Ob Ihnen nun ein Ausschluss bestimmter Branchen reicht, sie ein Impact-Investment verfolgen wollen oder als engagierter Anleger in Unternehmen mitbestimmen wollen.
Was davon Ihren Ansprüchen genügt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Befragen Sie sich also am besten selbst.
Ach so, eine Frage war noch offen:
Lohnt sich nachhaltiges Investieren eigentlich? Oder muss ich etwas verzichten, wenn ich mit meinem Geld Gutes tun will? Anders gesagt: Kostet Nachhaltigkeit Rendite?
Auch das ist nicht so leicht zu beantworten. Denn ich habe ja schon am Anfang erklärt: Es ist gar nicht so leicht, Nachhaltigkeit genau zu definieren. Und je nachdem, wie man das macht, kommen auch unterschiedliche Ergebnisse heraus.
Klar ist:
- ESG hin oder her: Gute und schlechte Investments gibt es überall.
- Nachhaltige Geldanlage boomt. Und hohe Nachfrage sorgt für hohe Preise. Das spricht einerseits für ESG – andererseits kann so ein Boom auch enden.
- Nicht zuletzt die EU betrachtet inzwischen Anlagen, die nicht nachhaltig sind, als riskant. Der Grund ist einfach: Umweltsünder beispielsweise werden mehr und mehr zur Kasse gebeten.
Manche schmutzige Industrie entwickelt sich so zum Auslaufmodell. In diesem Sinne kann nachhaltige Geldanlage sogar einen besonderen Schutz bieten.
Mit Blick auf die Vergangenheit hat sich außerdem immer wieder gezeigt: Eine deutlich schlechtere Wertentwicklung lässt sich für ESG-Anlagen auf Dauer jedenfalls nicht nachweisen.
Womöglich stellt sich die Frage nach besserer oder schlechterer Performance aber in Zukunft auch gar nicht mehr. Denn nachhaltige Investments sind längst kein Nischenthema mehr, sondern auf dem Weg zu einer Selbstverständlichkeit. Für Umweltsünder dagegen wir es auf Dauer keinen Investment-Erfolg mehr geben.
In diesem Sinne wünsche ich auch Ihnen einen nachhaltigen Erfolg mit Ihren Investments.
Ihr: Andreas Telschow