Die zivile Luftfahrt steht schon immer vor der Herausforderung, die auch den Beratungsalltag zunehmend prägt: Die Kunden wollen die Dienstleistung – die Flugreise, das angestrebte Anlageergebnis. Aber bitte mit null Komma null Risiko. Wie die Luftfahrtindustrie und ihre Piloten mit dem Thema Risiko umgehen – hier ein erster Einblick, mehr darüber auf dem FONDS professionell KONGRESS 2018.

Es ist ein langer Weg von den tollkühnen Männern in ihren fliegenden Kisten bis zur zivilen Luftfahrt, wie wir sie heute kennen. Manche steigen zwar noch immer mit flauem Gefühl in der Magengegend ins Flugzeug. Aber eigentlich geht jeder davon aus, dass es sich um ein äußerst sicheres Transportmittel handelt. Und „äußerst sicher“ heißt im Prinzip für jeden Flugreisenden: 100 %-ige Sicherheit – ein extrem hoher Anspruch. Doch kann er erfüllt werden? Bei aller Bemühung – nein. Das zeigen auch die Flugunfallstatistiken.

Das Risikoempfinden ist subjektiv

Wer verstehen will, was Flugreisende oder Anleger in puncto Risikoempfinden zum Anspruch „null Risiko“ treibt, den nimmt Risikoexperte Müller gleich am Anfang des Vortrags mit auf eine Entdeckungsreise ins eigene Ich. Denn er macht klar: Praktisch jeder von uns geht ohne zu zögern beim Sport, beim Autofahren oder sogar beim Fensterputzen (!) tagtäglich und statistisch bewiesen deutlich höhere Risiken ein als bei einer Flugreise. Wenn man uns aber mit dem tatsächlichen Restrisiko des Fliegens konfrontieren würde, würden wir es ablehnen.

Der entscheidende Unterschied: Beim Sport oder Autofahren sind wir selbst die Akteure. Wir haben die Dinge in der Hand und können – so glauben wir zumindest – das Risiko kontrollieren. Als Mitreisende im Flugzeug müssen wir uns voll und ganz auf die Technik und die Kompetenz der Piloten verlassen. Und das fällt uns schwer. Eine wichtige und leicht nachvollziehbare Erkenntnis, die sich in der Anlageberatung – anders als in der Luftfahrt – nutzen lässt: Machen Sie Ihre Anlegerkunden zu Handelnden, die sich bewusst und aktiv mit dem Risiko ihrer Anlage auseinandersetzen. Denn: Wer über die Risiken seiner Geldanlage Bescheid weiß und im klaren Gefühl, selbst zu entscheiden, zum Handelnden wird, empfindet Risiko anders. Als Akteur bei der eigenen Geldanlage kommt das Gefühl des „Ausgeliefertseins“ nicht auf, das fast zwangsläufig mit der Forderung nach 100 %-iger Sicherheit verbunden ist.

Schonungslose und detaillierte Analyse

Unfälle, die sich in der Luftfahrt ereignen, werden schonungslos und detailliert analysiert. Nur so kann die Sicherheit von Flugreisen kontinuierlich gesteigert werden. Auch in der Anlageberatung zählen klare Analysen. Und eine schonungslose Bestandsaufnahme vergangener Anlagefehler, die der Anleger – hoffentlich noch ohne Beratung – begangen hat.

Den menschlichen Faktor besser beherrschen

Pilot Manfred Müller dokumentiert eindrücklich anhand von spektakulären Unglücken und Abstürzen, dass oft der menschliche Faktor letztes auslösendes Moment für das Ereignis war. Selbstüberschätzung des Piloten, mangelnde Absprachen im Cockpit, unzureichende wechselseitige Kontrolle von Flugkapitän und Co-Pilot spielen bei erschreckend vielen Unglücksfällen eine entscheidende Rolle. Das kommt Ihnen bekannt vor? Zu Recht: Selbstüberschätzung und das Problem, sich auch Fehlentscheidungen einzugestehen, gehören schließlich nach den Erkenntnissen der Behavioral Finance-Forschung zu den häufigsten Anlegerfehlern. Was können Sie dagegen tun? Auch hier lohnt ein Blick auf die Art und Weise, wie die Profis der Lufthansa an der Minimierung von Risiko arbeiten.

Nur systematische Lösungen helfen

Von der Vorstellung, den menschlichen Faktor einfach ganz auszuschalten, ist man in der Luftfahrt schon längst wieder abgekommen. Auch technische Systeme können fehleranfällig sein. Kommt es zu einer Panne oder einem unvorhergesehenen Ereignis, müssen sich die Fluggäste immer auf die Kompetenz und die professionelle Zusammenarbeit ihrer Piloten verlassen können. Letztlich ist größtmögliche Sicherheit nur zu erreichen, wenn man auf systematische Weise an Lösungen arbeitet. Die technischen Einrichtungen müssen dabei optimiert werden, aber mindestens genauso wichtig sind die Abläufe im Cockpit und die Beziehung zwischen den handelnden Personen an den Steuerknüppeln.

Sehr viel Wert wird daher auf die psychologische Weiterbildung der Cockpit- Crews gelegt. Wer im Zweifel wem vertraut oder auch beherzt eingreift, wenn er eine situative Fehlentscheidung erkennt, kann am Ende entscheidend sein – und das systematische Risiko vermindern. Wie sieht es im Beratungsalltag aus? Welche technischen Systeme können Sie nutzen, um die Risiken der Kapitalanlage Ihrer Kunden zu analysieren und zu steuern? Wie können Sie in der Beratungspraxis Ihren Kunden zum Co-Piloten seiner Anlageentscheidungen machen? Und mit welchen psychologischen Weichenstellungen können Sie als Berater einen wichtigen Beitrag dazu leisten, typische Anlegerfehler zu vermeiden?

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