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Nahaufnahme: Wann heben „Flugautos“ richtig ab?

Reggie Pan - Aktienanalyst

China ist technologisch auf der Überholspur – und das vielleicht bald auch auf „Flugautobahnen“. Ein Testflug in einem futuristischen Zweisitzer offenbart Ausblicke, die auch für Tech-Anleger spannend sein können.

Als Aktienanalyst bin ich viel in Asien unterwegs – zu Roboterausstellungen in Tokio ebenso wie zum weltgrößten Duty-Free-Shop auf der chinesischen Insel Hainan. Doch keine Reise war so abenteuerlich und futuristisch wie der Testflug in einem elektrischen Zweisitzer. Die Entwicklungen in diesem Bereich sind ein Beispiel für die Dynamik einer Reihe von chinesischer Tech-Firmen.

Wichtigste Punkte

  • Der Traum vom fliegenden Auto könnte bald Realität werden: China hat eine erste Serienfertigung für ein zweisitziges, fahrerloses „Flugauto“ genehmigt.
  • Vor der breiten Markteinführung müssen weitere Regulierungsfragen geklärt, technologische Hürden genommen und die öffentliche Akzeptanz sichergestellt werden.
  • Das wirtschaftliche Potenzial scheint jedoch gewaltig: im Tourismus, bei der Lieferung von Fracht und medizinischen Gütern, bei der Brandbekämpfung. Mittelfristig sind auch Shuttledienste auf Kurzstrecken denkbar. 
     

Research hautnah: Flug über die Dächer von Guangzhou

Es ist ein regnerischer Sommernachmittag, und ich komme auf dem Testgelände am Perlfluss in der südchinesischen Stadt Guangzhou an. Auf mich wartet ein Testflug in einem der „Flugautos“ von EHang Holdings. Das chinesische Unternehmen hat als weltweit erster Hersteller von eVTOL-Flugzeugen (Electric Vertical Take-off and Landing) eine Lizenz für den kommerziellen Passagiertransport erhalten. 

Ich teste das batteriebetriebene Modell EH216. Es startet und landet wie ein Hubschrauber, fliegt wie ein Flugzeug – und ist derzeit wohl das, was dem Traum von einem fliegenden Auto am nächsten kommt. Seine acht Motorpaare sind wie bei einer riesigen Drohne an den Enden von acht Armen befestigt. 

Ich steige in die schlanke, ovale Kabine ein lege den Sicherheitsgurt an. Nachdem die Techniker die Türen geschlossen haben, spüre ich eine wachsende Nervosität. Denn ich fliege allein – die EH216 ist als autonomes Fahrzeug ohne Fahrer/Pilot unterwegs. Wie die meisten Menschen bin ich bisher nur mit gewöhnlichen Verkehrsflugzeugen geflogen. Die sind unvergleichbar viel größer als mein heutiges Testflugzeug und haben (mindestens) einen Piloten an Bord. Was, wenn dort oben etwas schiefgeht? 

Chinesische Anbieter auf Wachstumskurs

Lufttaxis sind seit den Gebrüdern Wright und Henry Ford der Traum von Futuristen. In den letzten fünf Jahren haben Unternehmen aus den USA und der ganzen Welt darum gewetteifert, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Chinas Kompetenz in der Batterietechnologie, seine ausgereifte Lieferkette für Elektrofahrzeuge (EV), unterstützende Regulierungsbehörden: Diese Faktoren haben lokalen Unternehmen zu schnellem Wachstum verholfen. Nach Schätzungen der Branche entfallen etwa 50 Prozent der weltweiten eVTOL-Modelle auf China.1  

Zurück zum Testflug: Die Propeller beginnen sich zu drehen und nehmen schnell Fahrt auf. Ich kann mir einen Ausruf nicht verkneifen, als das Flugzeug abhebt. Doch es bewegt sich erstaunlich sanft durch die Luft; ich hätte eine Tasse Tee halten können, ohne einen Tropfen zu verschütten. Meine Bedenken schwinden und ich beginne, die Aussicht zu genießen. Das Flugzeug steigt etwa 60 Meter in die Luft. Der Regen hat aufgehört und ich kann Boote sehen, die sich langsam den Perlfluss entlangschlängeln. In der Ferne liegt die weitläufige Stadtlandschaft von Guangzhou. Das Geräusch der Motoren ist hörbar, aber leiser als in einem Hubschrauber – kein Bedarf für schalldämpfende Kopfhörer. 

Wirtschaftlich für Einsatzbereiche mit geringer Flughöhe

Solche Flugautos sind nur ein Teil der „Low-Altitude Economy“,2 die China als neuen Motor für Wirtschaftswachstum kräftig fördert. In einigen Städten sind Drohnenlieferungen bereits gang und gäbe. Ich lebe in Hongkong und könnte mir bei einem Spaziergang an der Ma On Shan Promenade Pizza oder Burger von Restaurants auf der anderen Seite der Bucht liefern lassen – per Drohne. Das geht viel schneller als eine Lieferung durch einen menschlichen Fahrer. Im nahegelegenen Technologiezentrum Shenzhen liefern Drohnen auch Produkte wie Bubble Tea und heiße Suppe. 

Während mir solche Gedanken durch den Kopf gehen, kreist mein eVTOL etwa drei Minuten lang in der Luft. Dann setzt es viel weicher auf dem Boden auf als bei den holprigen Landungen, die ich es aus Linienflugzeugen kenne. 

Ich steige begeistert aus und bin überzeugt: Diese Innovation wird unsere Mobilität verändern. eVTOLs sind umweltfreundlicher, leiser und komfortabler als Hubschrauber mit Verbrennungsmotor. Sie sind exzellent für Sightseeing-Touren und ermöglichen es, sich in staureichen Städten freier zu bewegen oder schnell in die Nachbarstadt zu reisen. Obendrein sind sie wirtschaftlicher: Die Herstellung und Wartung ist kostengünstiger als bei herkömmlichen Flugzeugen, und für Start und Landung ist weniger Infrastruktur erforderlich. 

Keine Garantien – Herausforderungen bleiben

Dennoch gibt es bei der Kommerzialisierung von eVTOLs noch eine Reihe von Herausforderungen. 

  • Fragen der Regulierung. Die Regulierungsbehörden in China etwa haben die Serienproduktion des EH216 von EHang genehmigt, den Verkauf von Flugtickets für die Öffentlichkeit jedoch noch nicht. 
  • Technologische Hürden. Batterien sind wahrscheinlich der größte Engpass. Für eVTOLs erfordern sie eine viel höhere Leistungsdichte – die pro Gewichtseinheit gespeicherte Energiemenge – als bei Elektrofahrzeugen. Sie müssen leicht sein und gleichzeitig ausreichend Energie für den Flug liefern. Höhere Batterieeffizienz, Vermeidung von Überhitzung: Das werden für eVTOLs mit größerer Reichweite oder höherer Fracht- oder Passagierkapazität entscheidende Faktoren sein. 
  • Öffentliche Wahrnehmung. Wie bei jedem neuen Verkehrsmittel wird es entscheidend sein, die Menschen von seiner Zuverlässigkeit zu überzeugen.

Fazit

Der Traum vom fliegenden Auto könnte tatsächlich in greifbare Nähe rücken. In nächster Zeit werden wir noch keinen Flugverkehr über den Städten sehen. Doch fliegenden Gefährte wie die „Electric Vertical Take-offs and Landing“ von EHang könnten bald praktisch eingesetzt werden – im Tourismus, bei der Lieferung von Fracht und medizinischen Gütern, bei der Brandbekämpfung und überall dort, wo die technischen und regulatorischen Hindernisse kleiner sind. Sollten sich die Regulierungsbehörden mittelfristig mit der Idee anfreunden, könnten Shuttledienste auf Kurzstrecken angeboten werden. 

Und vielleicht kann ich irgendwann in der Nähe meines Büros in Hongkong in ein Lufttaxi steigen, die überfüllte Stadt unter mir lassen und zum Flughafen sausen, um weiteren Research direkt vor Ort bei interessanten Firmen zu machen.

Quellen:

1 Chinas fliegende Autos bereit zum Abheben mit EV-Technologie – Nikkei Asia
2 Der Begriff „Low-Altitude Economy” bezieht sich sowohl auf bemannte als auch auf unbemannte Luftfahrtdienste, die unterhalb einer Höhe von 1.000 Metern operieren. 

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Stand, soweit nicht anders angegeben: Oktober 2025. MK 17169