In Kürze:

  • Der Gegenwind am Aktienmarkt nimmt zu.
  • Der Kampf gegen die Inflation wird weitergehen und das Wachstum schwächen.
  • Banken: keine breite Krise, aber verschärfte Kreditbedingungen belasten.
  • Erholung in China und in anderen Schwellenländern setzt sich fort.

Wir bleiben über die Untergewichtung von Aktien und Credits vorsichtig positioniert. Die Fundamentaldaten sind noch relativ robust und der Konsum könnte die Wirtschaft etwas länger in der spätzyklischen Phase halten. Das bedeutet, dass die Aktienkurse noch eine Weile weiter steigen könnten. Wir glauben jedoch, dass sich die fundamentale Situation bald verschlechtern wird. Die Märkte stellen sich mit Verspätung auf die hartnäckige Inflation und die damit verbundenen, für längere Zeit höheren Zinsen ein. Normalerweise wirkt die Geldpolitik mit einer Verzögerung von etwa 12 Monaten, sodass die Wirtschaft die Auswirkungen höherer Kreditkosten bald spüren dürfte. Die Aktienbewertungen bieten keinen Puffer, und die Angebots-/Nachfrage-Relation stellt sich ungünstig dar.

Die Untergewichtung von Credits behalten wir bei. Die Verfügbarkeit von Krediten nimmt ab und ihre Kosten steigen. Wir erwarten zwar keine größeren Kreditereignisse, doch steigen die Ausfälle und Notlagen bei stark fremdfinanzierten Emittenten und im Hochzinsbereich an, wenn auch von niedrigem Niveau aus. Als Absicherung gegen Konjunkturrisiken bevorzugen wir nach wie vor Staatsanleihen. Auch wenn die Zentralbanken sich dem Ende ihrer Straffungszyklen nähern, könnten die Zinsen noch eine Weile auf einem Plateau verharren. Gleichzeitig ist die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen in letzter Zeit negativer geworden, was die Rolle von Staatsanleihen als Portfoliodiversifizierer stärkt.

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Aktien: Wir bleiben in Aktien untergewichtet. Die Fundamentaldaten sind nach wie vor relativ stabil - der Fidelity-Frühindikator zeigt beispielsweise, dass das Wachstum über dem Trend liegt und sich verbessert. Dennoch sind die Aussichten weniger positiv. Die Inflation erweist sich als schwieriger zu kontrollieren als erhofft, und die Märkte stellen sich auf längerfristig höhere Zinsen ein. Da die Geldpolitik in der Regel mit einer Verzögerung von etwa 12 Monaten greift, dürften die Auswirkungen der Straffung bald zu spüren sein werden. Die sich verschlechternden Kreditbedingungen stellen ein besonderes Hemmnis für die mittelfristigen Aussichten dar. Die Aktienbewertungen entsprechen annähernd ihrem historischen Durchschnitt und bieten daher wenig Puffer, falls sich die Stimmung verschlechtert.

Credits: Wir bleiben bei Unternehmensanleihen untergewichtet. Die Verfügbarkeit von Krediten nimmt ab und die Kreditkosten steigen. Wir erwarten zwar keine größeren Kreditereignisse, aber die Ausfälle und Notlagen bei hochverschuldeten Emittenten und bei Hochzinsanleihen häufen sich, wenn auch von niedrigem Niveau aus. Wir bevorzugen daher das Investment Grade-Segment gegenüber dem Hochzinsbereich. Bei IG-Emittenten erscheinen Verschuldungsgrad und Zinsdeckungsquoten im Vergleich zur Vergangenheit noch gesund.

Staatsanleihen: Wir setzen auf Staatsanleihen als Absicherung gegen das Risiko, dass das Wachstum nachlässt. Die Zentralbanken der entwickelten Länder nähern sich dem Ende ihrer Zinserhöhungszyklen, und die Renditen von Staatsanleihen erreichen in der Regel nach der letzten Zinserhöhung der Fed ihren Höhepunkt. Wir gehen davon aus, dass die Anleiherenditen in einer gewissen Bandbreite schwanken werden, was taktische Chancen eröffnen dürfte. Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ist in letzter Zeit negativer geworden und unterstützt die Eignung von Staatsanleihen zur Portfolio-Diversifizierung.

Liquidität/Währungen: Wir haben die Cash-Position wieder auf neutral zurückgestuft. Bei den Währungen bevorzugen wir solche aus Schwellenländern und meiden im Gegenzug den Euro und den Yen.

Wichtige Marktthemen und unsere Positionierung

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Quelle: Fidelity International, Stand: Juni 2023. Die Ansichten spiegeln einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten wider und bieten einen breiten Ausgangspunkt für Entscheidungen zur Vermögensallokation. Sie spiegeln jedoch nicht die aktuellen Positionen für Anlagestrategien wider, die entsprechend den spezifischen Zielen und Parametern umgesetzt werden.

Zunehmender Gegenwind am Aktienmarkt

  • Auf Sicht von 3-6 Monaten bleiben wir in Aktien untergewichtet: Die Konjunktur ist zwar nach wie vor relativ robust, und die Gewinnberichte für das erste Quartal fielen besser aus als erwartet. Dennoch sind die Frühindikatoren für die Erträge rückläufig, während die Verschärfung der Kreditbedingungen die mittelfristigen Aussichten eintrübt. Die straffere Geldpolitik dürfte sich in den kommenden Monaten bremsend bemerkbar machen. Die Bewertungen sind zwar nicht überhöht, aber auch nicht günstig genug, um eine Verschlechterung der Wachstumsaussichten aufzufangen.
  • Defensive Sektorpositionierung: Die Bevorzugung defensiver Branchen ist eine Möglichkeit, Portfolios zu stabilisieren und gleichzeitig ein gewisses Engagement für den Fall kurzfristiger Aufwärtsbewegungen bei Aktien beizubehalten. In den USA und Europa bevorzugen wir die Segmente Gesundheit und Basiskonsum. Der Gesundheitsbereich ist der defensive Sektor mit dem besten Ertragspotenzial. Die Fundamentaldaten werden auch durch die erhöhte Nachfrage aufgrund der Wiederöffnung der chinesischen Volkswirtschaft gestützt. Die Verbraucher sind in den entwickelten Ländern immer noch in relativ guter Verfassung, was den Basiskonsum stützen sollte.

Das Konjunkturbild bleibt besorgniserregend, und die Erträge der Unternehmen dürften schrumpfen, was für eine Untergewichtung von Aktien spricht.

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Quelle: Fidelity International; Stand: Juni 2023. Die obigen Einschätzungen spiegeln einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten wider und stellen eine allgemeine Ausgangsbasis für Entscheidungen zur Vermögensallokation dar. Sie spiegeln jedoch nicht die aktuellen Positionen einzelner Anlagestrategien wider, die entsprechend spezifischen Zielen und Parametern umgesetzt werden Quelle der Grafik: ISM; Bloomberg, Haver Analytics, Juni 2023.

Der Kampf gegen die Inflation dürfte weitergehen und das Wachstum schwächen

  • Anlage in inflationsindexierten US-Anleihen und Meidung deutscher sowie italienischer Bundesanleihen: Die Marktbewertungen scheinen eine rasche Rückkehr der mittelfristigen Inflation auf 2 % zu unterstellen. Wir meinen dagegen, dass die Hartnäckigkeit der Inflation sowie strukturelle Faktoren eher für eine nach oben gerichtete Dynamik sorgen, weshalb wir US-Staatsanleihen mit Inflationsausgleich bevorzugen. Da sich der Inflationstrend in den USA und Europa ähnelt, könnten sich die Geldpolitik von Fed und EZB irgendwann annähern. So könnte die EZB ihren Zinsrückstand aufholen und damit deutsche und italienische Bundesanleihen unter Druck setzen.
  • Vorerst kein aktives Engagement in Großbritannien: Der jüngste Anstieg der Inflation im Vereinigten Königreich und Anzeichen für eine mögliche Lohn-Preis-Spirale setzen die britische Notenbank unter Handlungsdruck. Die Marktteilnehmer erwarten bis Ende des Jahres einen Leitzins von 6 %. Trotz einiger positiver Daten sind wir nach wie vor der Ansicht, dass die britische Wirtschaft vor ernsthaften Problemen steht, speziell aufgrund des anstehenden Zinsschocks bei Hypothekenkrediten. Daher neigen wir dazu, das Pfund und langfristige britische Staatsanleihen zu meiden. Aufgrund der jüngsten, auf einen strafferen Kurs hindeutenden Äußerungen der BoE ziehen wir es vorerst vor, auf einen besseren Einstiegszeitpunkt zu warten.

Die langfristigen Inflationserwartungen sind angesichts der hartnäckig hohen Teuerung und struktureller Faktoren erstaunlich niedrig

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Quelle: Fidelity International; Stand: Juni 2023. Die obigen Einschätzungen spiegeln einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten wider und stellen eine allgemeine Ausgangsbasis für Entscheidungen zur Vermögensallokation dar. Sie spiegeln jedoch nicht die aktuellen Positionen einzelner Anlagestrategien wider, die entsprechend spezifischen Zielen und Parametern umgesetzt werden. Quelle der Grafik: Bloomberg, Juni 2023.

Banken: keine breite Krise, aber verschärfte Kreditbedingungen belasten

  • Positivere Einschätzung von Durationsrisiken: Wir gehen davon aus, dass es ab jetzt mehr Klarheit über die Zinsentwicklung geben wird, da die Fed und die EZB nur noch wenige Zinsanhebungen vornehmen dürften. Darüber hinaus machen die gestiegenen Rezessionsrisiken und die negativere Korrelation zwischen Aktien und Anleihen letztere wieder attraktiver zur Portfoliodiversifizierung. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass sich die Anleiherenditen vorerst in einer Bandbreite bewegen werden, was Gelegenheit zum Aufbau taktischer Position eröffnen könnte.
  • Untergewichtung von Unternehmensanleihen, dabei Bevorzugung von IG-Emittenten gegenüber Hochzinspapieren: Der Druck im Bankensektor hat die Kreditbedingungen zusätzlich verschärft; kleine Unternehmen dürften besonders betroffen sein: Bei CMBS und Loans häufen sich die Notlagen. Wir bevorzugen die defensive Charakteristik von IG-Emittenten und meinen, dass die HY-Spreads Anleger nicht für das derzeitige Risikoniveau entschädigen.
  • Bevorzugung von EM-Aktien ggü. solchen aus entwickelten Ländern: Jüngste Daten aus China deuten darauf hin, dass die anfängliche Dynamik der Erholung nach der Corona-Krise wieder nachlässt. Ein Mindestmaß an Wachstum erscheint gesichert, doch dürfte das Potenzial für positive Überraschungen abgenommen haben. China und andere Schwellenländer im Allgemeinen sind weniger Gegenwind ausgesetzt als viele Industriestaaten. Speziell China könnte sich gut zur Diversifikation eines Portfolios eignen.

Die Anleiherenditen bewegen sich auf das obere Ende der Spanne zu. Da zumindest die Gesamtinflation nach unten tendiert, sind Anleihen wieder negativ mit Aktien korreliert.

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Quelle: Fidelity International; Stand: Juni 2023. Die obigen Einschätzungen spiegeln einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten wider und stellen eine allgemeine Ausgangsbasis für Entscheidungen zur Vermögensallokation dar. Sie spiegeln jedoch nicht die aktuellen Positionen einzelner Anlagestrategien wider, die entsprechend spezifischen Zielen und Parametern umgesetzt werden. Quelle der Grafik: Bloomberg, Juni 2023.

Erholung in China und in anderen Schwellenländern setzt sich fort

  • Ausgewählte Schwellenland-Währungen und Lokalwährungsanleihen: Die Devisenmärkte der Schwellenländer werden durch die Zinspause in den USA und die nachlassende Volatilität an den Anleihemärkten unterstützt. Das Inflationsbild ist in vielen Schwellenländern günstiger, und Anleger werden in Ländern wie Brasilien und Südafrika mit einem positiven realen Zinsaufschlag belohnt. Speziell Singapur ist zu einem Hauptziel für Menschen und Kapitalströme in der Region geworden, insbesondere für Chinas Superreiche. Wir glauben, dass dies eine strukturelle Aufwertung des SGD bewirken wird.
  • Globale Luxusaktien: Das globale Luxussegment weist eine ähnliche Stabilität auf wie der Bereich Basiskonsum und sollte daher relativ guten Abwärtsschutz bieten, wenn das allgemeine Wirtschaftswachstum nachlässt. Der Sektor profitiert außerdem von der Wiederöffnung Chinas und dem zunehmenden Tourismus.
  • Indonesische und brasilianische Aktien: Brasilien und Indonesien sind in ihren Konjunkturzyklen weiter fortgeschritten als viele andere aufstrebende Länder, sodass ihre Wachstums- und Inflationsaussichten relativ attraktiv sind. Damit bieten die Börsen Brasiliens und Indonesiens die Chance einer gewissen Diversifizierung gegenüber anderen Aktienanlagen.

Emerging Markets-Währungen profitieren von nachlassender Volatilität bei Anleihen, während das Ende der Zinserhöhungen näherrückt und die Bankenkrise überwunden scheint

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Quelle: Fidelity International; Stand: Juni 2023. Die obigen Einschätzungen spiegeln einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten wider und stellen eine allgemeine Ausgangsbasis für Entscheidungen zur Vermögensallokation dar. Sie spiegeln jedoch nicht die aktuellen Positionen einzelner Anlagestrategien wider, die entsprechend spezifischen Zielen und Parametern umgesetzt werden. Quelle der Grafik: Bloomberg, Fidelity International, Juni 2023.

Sonstige taktische Einschätzungen

Beispiele für aktuelle Anlageideen

  • Rohstoffe:
  • Energie: Der Energiesektor bleibt übergewichtet. Wir glauben zwar, dass der Ölpreis in einer gewissen Bandbreite verharren wird. Jedoch lassen uns die Aussicht auf einen Anstieg der US-Nachfrage im Sommer und die Produktionskürzungen Saudi-Arabiens bis zum dritten Quartal positiv für Öl bleiben.
  • Industriemetalle: Unsere Untergewichtung ist einer neutralen Positionierung gewichen. Der schwachen Entwicklung der globalen Industrieproduktion steht die Möglichkeit von Konjunkturanreizen gegenüber; zudem sind viele Anleger nur wenig in dem Sektor engagiert.
  • Untergewichtung europäischer Aktien:  
  • Die niedrigen Erwartungen der Marktteilnehmer ließen Raum für positive konjunkturelle Überraschungen, wovon die Stimmung an den europäischen Börsen in den letzten sechs Monaten profitiert hat. Inzwischen sind die Erwartungen jedoch gestiegen, und die jüngsten Wirtschaftsdaten aus Europa haben enttäuscht.

Die schlechte Lage in der Industrie in Kontinentaleuropa stimmt uns skeptisch für die Region. In den USA dagegen fielen die Konjunkturdaten zuletzt besser aus als erwartet.

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Quelle: Fidelity International; Stand: Juni 2023. Die obigen Einschätzungen spiegeln einen typischen Zeithorizont von 12-18 Monaten wider und stellen eine allgemeine Ausgangsbasis für Entscheidungen zur Vermögensallokation dar. Sie spiegeln jedoch nicht die aktuellen Positionen einzelner Anlagestrategien wider, die entsprechend spezifischen Zielen und Parametern umgesetzt werden. Quelle der Grafik: Bloomberg, Fidelity International, Juni 2023

Wichtigste Meinungen zur Asset-Allokation im Überblick

Vorsichtige Haltung gegenüber Aktien und Bevorzugung von Staatsanleihen

Aktien

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Credits

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Staatsanleihen

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Währungen

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