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Energiewende: Sind Städte der entscheidende Faktor?

Carsten Roemheld - Kapitalmarktstratege Fidelity International
8. Juli 2021
Städte im Klimawandel: Die heimlichen Schlüsselspieler - Teil 1
Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten. Rund drei Viertel des weltweiten Energieverbrauchs findet in Städten statt - im Verkehr, in Gebäuden, in der Industrie - und sie verantworten drei Viertel des weltweiten CO2-Ausstoßes. Das macht Städte nicht nur zu den Hauptverursachern des Klimanotstands, sondern auch zu zentralen Akteuren der Klimapolitik. Denn die Energiewende zu schaffen, das ist vor allem eine kommunale Aufgabe, sagt Rana Adib. Sie ist Exekutivdirektorin der politischen Initiative Renewable Energy Policy Network for the 21st Century - kurz REN21 - mit Sitz in Paris und Gesprächspartnerin in der neuen Doppel-Folge unseres Kapitalmarkt-Podcasts. Im Gespräch mit Carsten Roemheld berichtet sie über vielversprechende lokale Initiativen und den riesigen Einfluss der Städte auf die nationale Politik.
Städte im Klimawandel: Die Macht der Bürger und Investoren - Teil 2
Im zweiten Teil des Podcasts zur Rolle der Städte bei der Energiewende geht es um die Kraft der Bürgerbeteiligung, um den Erfolg von Städtenetzwerken und darum, warum die Stromkosten so oder so bald steigen werden. Außerdem spricht Rana Adib mit Carsten Roemheld darüber, wie Investoren und Staaten vor Ort den Druck zur Abkehr von fossilen Brennstoffen erhöhen können.
Transkript zum Podcast - Teil 1
Fidelity Podcast
Thema: Energiewende: Sind Städte der entscheidende Faktor? – Teil 1
Carsten Roemheld: Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des monatlichen Kapitalmarkt-Podcasts der Fondsgesellschaft Fidelity International. Mein Name ist Carsten Roemheld, ich bin Kapitalmarkt-Stratege bei Fidelity und ich suche an dieser Stelle einmal im Monat Antworten auf eine entscheidende Frage: Was bedeuten die wirtschaftlichen Entwicklungen von heute für die Anlagestrategie von morgen?
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in Städten – und es werden immer mehr. In den Städten wird über 80 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Sie sind die wirtschaftlichen Kraftzentren unserer Welt. Die Folge: Rund drei Viertel des weltweiten Energieverbrauchs findet in Städten statt und sie verantworten zugleich auch etwa drei Viertel des weltweiten CO2-Ausstoßes. Städte, sagt meine heutige Gesprächspartnerin Rana Adib, sind aber nicht nur Hauptverursacher des Klimanotstands, sie sind auch der Schlüssel zur Lösung dieses globalen Problems, denn das Engagement auf lokaler Ebene bildet den entscheidenden Hebel für den Umbau: Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien.
Rana Adib ist Exekutivdirektorin der politischen Initiative „Renewable Energy Policy Network for the 21st Century”, kurz REN21, mit Sitz in Paris. Sie vertritt die Interessen von rund 900 Mitgliedern dieses einzigen weltweiten Netzwerks von Wissenschaft, Privatwirtschaft und NGOs, die sich gemeinsam für den Ausbau, die Verbreitung erneuerbarer Energien einsetzen und dazu politische Entscheidungsträger weltweit zur Energiewende bewegen wollen. Ein zentraler Teil der Arbeit von REN21 ist der „Renewables Global Status Report“, eine umfassende Bestandsaufnahme der Energiewende. Die jüngste Ausgabe dieses jährlichen Reports ist Mitte Juni erschienen, wenige Tage vor unserer Aufnahme. Der Jahresbericht für 2020 zeigt, dass die Staaten einerseits immer ambitioniertere politische Ziele in Bezug auf erneuerbare Energien formulieren, andererseits bleiben aber die tatsächlichen Fortschritte deutlich dahinter zurück. So ist beispielsweise der Anteil fossiler Energiequellen am weltweiten Energieverbrauch in den vergangenen 10 Jahren so gut wie nicht gesunken.
Was ist zu tun? Und vor allem: Welchen Beitrag können die Städte und ihre Bewohner zur Energiewende leisten? Darum geht es im Gespräch mit Rana Adib. Ich habe daraus vor allem eine neue Erkenntnis mitgenommen: Städte gehören nicht nur deshalb ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit, wenn wir über die Energiewende sprechen, weil sie so bedeutsame Energieverbraucher sind – nein, sie sind deshalb so gefragt, weil wir uns mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien auch auf eine dezentrale Energieproduktion umstellen. Energieversorgung ist also nicht länger eine nationale Aufgabe, sondern passiert zunehmend lokal. Und Städte werden von Konsumenten zu Produzenten ihres eigenen Bedarfs. Das hatte ich mir bisher nie so klargemacht.
Zwei kleine Hinweise noch zur Produktion. Erstens: Rana Adib kommuniziert im Berufsleben eigentlich komplett auf Englisch. Verzeihen Sie ihr also, wenn sie manchmal nach den deutschen Fachbegriffen sucht. Zweitens: Wir haben diesen Podcast für Sie in zwei Folgen aufgeteilt, die Sie schneller durchhören können.
Im ersten Teil, den Sie im Anschluss hören, geht es um die Lücke zwischen dem politischen Wunsch nach mehr Klimaschutz und der teils ernüchternden Wirklichkeit beim Energieverbrauch. Wir sprechen darüber, warum effiziente Gebäude für die Energiewende wichtiger sind als eine grüne Stromproduktion, und Sie erfahren, wie die Städte konkret ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen und in die ihrer Bürger.
Im zweiten Teil geht es dann um uns als Bürger, unsere Macht als Energiekonsumenten und als wirtschaftliche Profiteure an der Energieversorgung der Zukunft. Wir sprechen über Chinas Motivation für den Klimaschutz. Wir diskutieren die Lenkungswirkung staatlicher Regulierung und engagierter Investoren, die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzen. Und wir blicken darauf, was die COVID-19-Pandemie für den Klimaschutz bewirken kann.
Nun wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung mit dem ersten Teil unseres Gesprächs und nachhaltige Einblicke in die Zukunft der Energiewende in den Städten.
Carsten Roemheld: Frau Adib, vor wenigen Tagen ist der neue „Renewables Global Status Report“ erschienen, das wichtigste Werk Ihrer politischen Initiative REN21. Wie steht es um die Erneuerbare-Energien-Branche? Wo sehen Sie Fortschritte? Was hat sich weltweit durch die Pandemie verändert? Und wie schreitet die Dekarbonisierung voran?
Rana Adib: Der „Global Status Report“, den wir gerade veröffentlicht haben, guckt sich wirklich an, was ist der Status der erneuerbaren Energien weltweit in 2020. Und hier gibt es gute Neuigkeiten, wenn wir uns den Stromsektor ansehen, in dem aufgrund der Photovoltaik und Windenergie die Kapazitäten ausgebaut wurden weltweit. Wo wir auch sagen können, dass ganz klar global heute erneuerbare Energien die günstigste Alternative sind und in manchen Ländern sogar mit existierenden Kohlekraftwerken im Wettbewerb stehen und erfolgreich im Wettbewerb stehen, also günstiger sind. Das ist erst mal eine sehr gute Neuigkeit.
Die Realität ist aber, dass die Stromwende nicht ausreichend ist. Und wenn man sich das Gesamt-Energiesystem anschaut, haben wir über 10 Jahre geschafft, den Anteil der erneuerbaren Energien im Energieverbrauch von 8,7 auf 11,2 % hochzubringen. Wenn wir uns die fossilen Energieträger angucken, ist aber der Anteil nur von 80,3 auf 80,2 % gefallen. Und da sieht man ganz klar, dass einfach heute klar ist, Investition in Energieeffizienz und in erneuerbare Energien, also den Anteil hier zu erhöhen, ist nicht ausreichend. Heute müssen Öl, Gas und Kohle abgeschaltet werden.
Carsten Roemheld: Das war ja schon eine sehr gute Zusammenfassung. Gibt es denn noch andere Aspekte, die Sie besonders überrascht haben an dem Report? Erschreckt oder gefreut? Also das mit dem Erschrecken habe ich, glaube ich, jetzt schon etwas gesehen, dass der Anteil der fossilen Brennstoffe immer noch sehr hoch ist. Aber gab es noch andere Aspekte dabei?
Rana Adib: Also was sehr positiv ist, ist, dass 2020 eine neue Norm gesetzt hat, was die Ambitionen angeht. Es hat noch nie so viele Regierungen gegeben, die klimaneutrale Ziele festgelegt haben. Hier gibt es außerdem auch sehr wichtige Länder wie China, Südkorea und Japan, die hier Engagements gemacht haben. Und das ist natürlich extrem wichtig, wenn wir uns anschauen, wie relevant einfach die CO2-Emissionen dieser Länder sind – also das ist extrem positiv.
2020 wäre tatsächlich eine große Gelegenheit gewesen, die COVID-Krise und die Pandemie umzuwandeln in eine Gelegenheit, den strukturellen Wandel im Energiesystem voranzutreiben. Und ganz klar sind hier die Konjunkturpakete eine Gelegenheit gewesen und sind ja auch mit dem „Green New Deal“ usw. oder „Building Back Better“, da gab es hier ganz klar politische Ambitionen. Und hier kommt leider die Realität und die Fakten sprechen einfach: Wenn man sich die Konjunkturpakete von 31 Ländern anschaut, unterstützen die sechsmal mehr die fossilen Energieträger als die erneuerbaren Energien.
Carsten Roemheld: Das ist eine überraschende Erkenntnis, muss ich sagen, denn auch ich habe eigentlich rausgelesen, dass es schon sehr stark in Richtung Klimaschutz geht dabei. Aber Sie werden es besser analysiert haben und das ist natürlich tatsächlich eine etwas erschreckende Erkenntnis.
Rana Adib: Wirklich eine Lücke zwischen der Ambition und, ich glaube, die gute Neuigkeit ist, diese Ambition ist heute Teil von sehr, sehr vielen Akteuren. Die Realität ist aber einfach sehr, sehr weit weg davon. Und ich glaube, die ganz starke Message ist: Wir haben keine Zeit mehr und müssen heute massiv einen fundamentalen Wandel, einen Strukturwandel vollziehen – der Energiesysteme, aber auch der Wirtschaft, die einfach heute noch auf fossilen Energieträgern aufbaut.
Carsten Roemheld: Ja, da müssen natürlich alle an einem Strang ziehen. Wir wollen heute vor allem über die Städte sprechen, die bei Ihnen eine große Rolle spielen in Ihren Reports, über ihre Rolle als Mitverursacher der Klimakrise, also der Städte, aber eben auch als Schlüssel vielleicht für eine Lösung dieser Krise. Gebäude sind nach Ihren Analysen eben verantwortlich für rund ein Drittel des globalen Energieverbrauchs – und das ist ja für viele wahrscheinlich eine sehr überraschende Erkenntnis. Wo sehen Sie hier die größten strukturellen Herausforderungen?
Rana Adib: Wenn man sich die Gebäude anguckt, ist es tatsächlich so, dass die Energiewende oder die Nutzung wirklich im Stromsektor stattfindet. Und der Stromsektor repräsentiert nur 17 % des Energieverbrauchs. Über 80 % sind für Wärme, Kälte und den Transport zuständig und, wie Sie sagten, im Gebäudebereich haben wir ein Drittel.
Was ist die große Schwierigkeit hier? Es geht tatsächlich um lokale Lösungen und lokale Lösungen bedeuten auch sehr dezentrale lokale Akteure. Und das ist mit ein Grund, wieso die Städte und lokale Strategien hier notwendig sind. Eine andere Schwierigkeit ist ganz klar, die Energieeffizienz und erneuerbare Energien müssten mehr synchron zusammenarbeiten und heute sehen wir tatsächlich, dass einfach die Integration nicht immer so stark gedacht, gepusht, unterstützt wird. Und hier gibt es einen Handlungsbedarf.
Und die andere Realität ist auch, dass die Gebäude hauptsächlich abhängig sind von fossilen Energieträgern weltweit nach wie vor, die immer noch in 115 Ländern subventioniert werden, und zwar zu einem Betrag von 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Und möchte es einfach mal in Relation setzen zu den Investitionen in erneuerbare Energien, die bei 304 Milliarden US-Dollar lagen in 2020. Und das bedeutet natürlich, dass erneuerbare Energien, auch wenn sie in der Theorie wirtschaftlicher sind, hier im Wettbewerb stehen zu fossilen Energieträgern, die subventioniert werden. Und das führt einfach zu einer Marktverzerrung und das ist auch mit ein Grund, wieso die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen so wichtig sind und die Unterstützung von Regierungen, sowohl auf nationaler als auch auf regionaler und lokaler Ebene.
Carsten Roemheld: Kommen wir kurz zu den Regierungen, weil Sie es gerade ansprechen. Ende vergangenen Jahres gab es eine Einigung für ein neues Klimaziel, die Staats- und Regierungschef der EU haben das verabschiedet. Bis Ende 2030 sollen die klimaschädlichen Emissionen europaweit um 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 sinken. Das ist ein wichtiger Baustein, glaube ich, für die Energiewende. Wenn Sie sich jetzt mal Deutschland, den Status quo und auch die EU genau anschauen: Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass diese Staatengemeinschaft dieses Ziel wirklich erreichen kann?
Rana Adib: Auf der europäischen Ebene, was hier sehr positiv ist, ist, dass es mittlerweile ein gutes Verständnis gibt, dass die Stromwende nicht ausreicht und wirklich die Sektoren wie der Verkehrssektor und Gebäudeindustrie auch strategisch angegangen werden müssen. Was auch positiv ist, dass auf europäischer Ebene entsprechend auch sektorielle Ziele festgelegt wurden. Und das ist erst mal eine Sache, die ich vielversprechend finde, weil die Schwierigkeit der vergangenen Jahre tatsächlich ist, dass die Unterstützungen der erneuerbaren Energien sich hauptsächlich auf den Stromsektor bezogen haben. Hier hat es wirklich eine Veränderung des Bewusstseins und des Verstehens gegeben.
Insgesamt muss man aber sagen, dass Ziele nicht ausreichend sind. Ziele funktionieren, wenn sie gekoppelt sind an Strategien und wenn sie gekoppelt sind an politische regulatorische Rahmenbedingungen. Und wenn wir uns zum Beispiel die G20-Länder ansehen: Von den G20-Ländern gibt es fünf Länder, die ein Erneuerbares-Energie-Ziel in 2020 hatten und davon haben nur drei diese Ziele erreicht. Und das bedeutet natürlich, dass die Regierungen heute ganz klar die Energiewende in den Fokus setzen müssen und es hier auch eine Transparenz gibt, inwieweit man einfach den Ambitionen auch näherkommt. Ansonsten kann man die Energiewende nicht steuern.
Carsten Roemheld: Wir wollen noch mal über die Städte und Kommunen sprechen und die Rolle, die ihnen in dieser Klimakrise zukommt. Wo sehen sie dort den größten Handlungsbedarf?
Rana Adib: Ich denke, was wirklich spannend ist an den Kommunen und den Städten, ist, dass sie nah sind an den Bürgern, und wir haben mit Fridays for Future ganz klar als Beispiel gesehen, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Einfluss nehmen wollen und sich hörbar machen; und es hier einen Aufruf gibt an die lokalen und nationalen Regierungen, ambitionierter zu sein. Die Städteregierungen, also die Kommunen, sind sehr, sehr viel näher an den Bürgern dran. Und das bedeutet, dass sie auch entsprechend reagieren. Was sehr vielversprechend ist auf der Städteseite, ist, dass eine Milliarde Leute in Städten leben, die heute ein Erneuerbares-Energie-Ziel oder politische Rahmenbedingungen haben. Das sind 25 % der städtischen Bevölkerung weltweit. Und das bedeutet natürlich, dass es hier ein tieferes Verständnis gibt, was die Notwendigkeit angeht, die Energiewende voranzutreiben.
Ein anderer Grund, wieso Städte wichtig sind, und ich komme wieder auf das Thema zurück „Stromwende im Vergleich zur Energiewende“, ist tatsächlich, dass der Gebäudebereich hauptsächlich urban ist und dass der Verkehrssektor auch zu 80 % in Städten liegt. Und entsprechend haben Städte hier wirklich einen großen Einfluss; nicht nur, indem sie inspirieren, sondern auch, indem sie ihre regulatorischen Maßnahmen treffen. Wenn es zum Beispiel einen Diesel-Ban gibt in einer Zone, hat das nicht nur einen Einfluss auf die Realität des Verkehrs in Städten und der Emissionen in Städten, sondern direkt auch auf alle Autoflotten, die in die Städte reinkommen. Und das bedeutet natürlich, dass alle professionellen Flotten, sage ich mal, oder der Distributionssektor ganz klar heute Maßnahmen ergreifen muss, weil sie Zugang in die Innenstädte haben müssen.
Carsten Roemheld: Jetzt haben Sie ja gesagt, dass schon 25 % ungefähr ein Ziel haben in dieser Form. Jetzt gibt es ganz viele Städte im Umkehrschluss, die es eben nicht haben. Wie viel Überzeugungsarbeit müssen da Regierungen leisten? Oder wie viel eigenen Antrieb haben die Städte und Kommunen, die anderen 75 % sozusagen, in diese Richtung den Weg einzuschlagen, in diese positive Richtung? Und ist das vielleicht unterschiedlich in entwickelten Ländern und in Emerging Markets? Ich kann mir vorstellen, dass es da natürlich auch einen Unterschied gibt in der Haltung zu diesem Thema.
Rana Adib: Ich würden sagen, es gibt Dinge, die hier gleich sind und ähnlich sind, auch häufig werden Städte insgesamt nicht immer die Energiewende vorantreiben aus Klimagründen. Das ist der eine Aspekt. Das kann die Luftqualität sein, es kann die Gesundheit der Einwohner der Städte, also der Bür-gerinnen und Bürger, sein. Es kann um lokale Jobs und lokale wirtschaftliche Aktivitäten gehen oder aber auch auf kommunaler Ebene einfach aus Kostengründen. Also es gibt wirklich sehr, sehr viele Driver in diesem Zusammenhang.
In Entwicklungs- und Schwellenländern sehen wir zusätzlich noch einen Driver, nämlich denEnergiezugang. Es gibt nach wie vor viele Länder, vor allem in Südostasien und Afrika, die heute noch nicht eine hundertprozentige Energieversorgung haben. Und erneuerbare Energien spielen hier eine sehr große Rolle.
Ein anderer Aspekt ist, wenn wir uns die Größe der Städte angucken, sehen wir, dass kleinere und mittlere Städte tatsächlich hier sehr viel aktiver sind, häufig aber nicht die Ressourcen haben. Und ich denke, das ist tatsächlich eine spannende Sache, weil diese Städte natürlich die Möglichkeit haben; also sie haben mehr Platz als in Großstädten zum Beispiel, es gibt eine geringere Dichte und Platz ist natürlich bei der Entwicklung erneuerbarer Energien extrem wichtig. Und was hier benötigt wird von den nationalen Regierungen, ist nicht unbedingt Überzeugungsarbeit, sondern eher Unterstützung der Kommunen. Also, dass sie Ressourcen haben, Zugang zu Finanzierung, aber eben auch die regulatorische Autorität, sage ich mal, um wirklich die Energiewende vorantreiben zu können.
Insgesamt, denke ich, kann man tatsächlich sagen, dass eine große Schwierigkeit auf der Städtenebene ist, dass viele Städte sich nicht einmal als Energieakteuer sehen. Und das ist einfach historisch darauf zurückzuführen, dass über die letzten 50 und mehr Jahre Energie und das Energiethema auf nationaler und vor allem vom Energie-Supply, von der Energieversorgung, aus gedacht und gesteuert wurde. Erneuerbare Energien ändern hier ganz klar die Rahmenbedingungen und die Möglichkeiten. Städte können heute nicht nur Energiekonsument sein, sondern selber auch Energieproduzent werden und Energieversorger werden. Und das ist tatsächlich ein Aspekt, der heute noch nicht im Bewusstsein ist.
Carsten Roemheld: Das interessiert mich jetzt wirklich, weil da geht’s ja auch um Innovationskraft, Innovationspotenzial von Städten. Können Sie da noch vielleicht ein paar mehr Beispiele nennen, dass man sich das ein bisschen besser vorstellen kann? Welche Projekte gibt es in Städten? Was gibt’s für Pläne, die diese Innovationsfreudigkeit unterstützen?
Rana Adib: Es gibt hier sehr viele Ansatzpunkte. Ganz klar ein erster Ansatzpunkt ist, dass Städte entscheiden, dass sie ihre … oder Kommunen entscheiden, dass sie ihre Energieversorgung nicht aus fossilen Energieträgern holen, sondern aus erneuerbaren Energieträgern. Das ist erst mal die Basis, sozusagen. Und in diesem Zusammenhang sind zum Beispiel Beschaffungspolitiken extrem wichtig.
Was wir aber auch sehen, ist, dass zum Beispiel diese Kopplung von der Elektromobilität, die ganz, ganz stark auch durch Städte gepusht werden, gekoppelt wird an den Aufbau von erneuerbaren Energiekapazitäten. Und da sehen wir zum Beispiel eine Differenz, also einen echten Unterschied, zwischen dem, was auf der Städteebene passiert und was auf nationaler Ebene passiert. Also auf nationaler Ebene gibt es, glaube ich, nur drei Länder – wenn ich mich recht erinnere, sind es Deutschland, Japan und Österreich –, die ganz klar die Elektromobilitätsstrategien koppeln mit dem Ausbau erneuerbarer Energien. Also hier sind Städte wirklich sehr viel aktiver, was die Integration angeht. Andere Beispiele gibt es, was zum Beispiel den Abfallsektor mit der Entwicklung von Biogas, Biomethan angeht und wirklich einer „Circular Economy“. Und auch ganz klar die erneuerbaren Energien über die Stadtgrenze hinaus territorial verankern. Und ich denke, da gibt es gute Beispiele in Malmö zum Beispiel, wo wirklich eine Strategie gefahren wird, Abfall aus der Region zu Energie, für Strom, für Wärme und für Transport in der Stadt.
Ein anderer Aspekt – und ich denke, der ist sehr interessant auf der Stadtebene – ist, dass hier wirklich die Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen geschaffen wird, aktiv teilzunehmen und zu investieren in Erneuerbare-Energie-Projekte. Und hier gibt es sehr viele unterschiedliche Ansatzpunkte. Es geht um partizipative Planung, es geht um … also in Paris zum Beispiel werden öffentliche Gebäudedächer für Bürgerenergie zur Verfügung gestellt. Es gibt hier also sehr viele Art und Weisen, wirklich unterschiedliche Akteure mit einzubringen.
Carsten Roemheld: Ich habe es auch gerade am eigenen Leib erlebt: Ich wollte mir so eine Laderstromsäule bestellen für zu Hause und es ist gekoppelt eben daran, dass man Ökostrom hat. Also entweder man hat eine Solaranlage auf dem Dach, bezieht den Strom daher oder man hat einen Ökostromtarif. Insofern ist das vollkommen bestätigt, was Sie gerade gesagt haben.
Ende 1. Teil
Carsten Roemheld: Im zweiten Teil geht es dann um uns als Bürger, unsere Macht als Energiekonsumenten und als wirtschaftliche Profiteure an der Energieversorgung der Zukunft. Wir sprechen über Chinas Motivation für den Klimaschutz. Wir diskutieren die Lenkungswirkung staatlicher Regulierung und engagierter Investoren, die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzen. Und wir blicken darauf, was die COVID-19-Pandemie für den Klimaschutz bewirken kann.
Transkript zum Podcast - Teil 2
Fidelity Podcast
Thema: Energiewende: Sind Städte der entscheidende Faktor? – Teil 2
Carsten Roemheld: Herzlich willkommen zum zweiten Teil der neuen Ausgabe des monatlichen Kapitalmarkt-Podcasts der Fondsgesellschaft Fidelity International. Mein Name ist Carsten Roemheld, ich bin Kapitalmarkt-Stratege bei Fidelity und ich suche an dieser Stelle einmal im Monat Antworten auf eine entscheidende Frage: Was bedeuten die wirtschaftlichen Entwicklungen von heute für die Anlagestrategie von morgen?
Für diesen Monat habe ich mich mit Rana Adib verabredet. Sie ist Exekutivdirektorin der politischen Initiative „Renewable Energy Policy Network for the 21st Century”, kurz REN21, mit Sitz in Paris. Und sie vertritt die These, dass die Energiewende uns nur gelingen kann, wenn die Städte sich dafür engagieren. Der Anfang dazu ist gemacht, berichtete sie im ersten Teil unseres Podcasts. Ende 2020 lebten mehr als eine Milliarde Menschen, ein Viertel der städtischen Bevölkerung der Welt, in einer Stadt, die ein Klimaziel ausgegeben hat. Im zweiten Teil haben wir nun darüber gesprochen, was wir als Bürger tun können, um die Energiewende in den Städten weiter voranzubringen, und auch, was wir als Investoren erreichen können. Rana Adib ist zuversichtlich, dass Veränderungen im Konsumverhalten und nachhaltige Inventionen der Energiewende einen kräftigen Schub verleihen können.
Außerdem haben wir uns über Chinas Motivation für mehr Klimaschutz unterhalten und über die Rolle der Staaten. Die haben in der COVID-19-Pandemie ihre Handlungsstärke unter Beweis gestellt, sagt Rana Adib. Sie plädiert dafür, den Weg aus der Krise mit einem drastischen Strukturwandel zu verknüpfen. Weg von den fossilen Energieträgern Kohle, Gas und Öl.
Viel Spaß beim zweiten Teil unseres Gesprächs zur Rolle der Städte bei der Energiewende.
Carsten Roemheld: Ich möchte mal gerne auf den einzelnen Bürger eingehen, weil natürlich der Bürger auch sehr viel Einfluss hat auf die Städte, auf die Kommunen und eben auch vielleicht auf eine lokale Energiewende. Wie kann der Bürger sich beteiligen? Welche Macht, welche Kraft geht da auch von der Bevölkerung aus, diese Energiewende zu beschleunigen?
Rana Adib: Ich denke, der Bürger kann sich insgesamt schon mal beteiligen, indem er erst mal die Frage stellt, wo kommt meine Energie denn her. Und dann rausfindet, wo kann ich denn erneuerbare Energien herkriegen. Und ich glaube, das ist tatsächlich dieses Bewusstsein, das muss geschaffen werden. Der andere Aspekt ist allerdings auch, dass Bürgerinnen und Bürger – und ich glaube das ist, wie gesagt, Fridays for Future ist dann immer ein gutes Beispiel, wir sehen aber auch tatsächlich jetzt gerade die Rechtsentscheidungen, die gefällt wurden, auch in Deutschland, was Shell angeht usw. –, dass Bürger in der Kollaboration, also in der Vernetzung, über NGOs ganz klar Einfluss nehmen können.
Der andere Aspekt ist, auch zu fragen, wo kommt das Geld her und wo geht das Geld hin, was ich ausgebe. Und ich denke, hier sehen wir tatsächlich, dass der Finanzsektor zum Beispiel heute auch soziale und Umweltaspekte in die Entscheidung mit reinnimmt und die Transparenz hier bringt, sodass Bürger auch Entscheidungen fällen können. Und dann ist natürlich die nächste Etappe, dass Bürger entweder alleine oder auf einer Stadtviertelebene zum Beispiel oder in einer Nachbarschaft gemeinsame Projekte anstossen und investieren können in erneuerbare Energien – und hier auch dann wirtschaftlich beteiligt sind an der Energiewende. Und ich glaube, das ist tatsächlich heute eine echte Stärke der erneuerbaren Energien, die auch in den politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen abgebildet sein muss. Weil sie auch dazu führt, dass Bürgerinnen und Bürger die Energiewende entsprechend mit unterstützen.
Das ist heute sicherlich eine der großen Herausforderungen. Weltweit gibt es Unterstützung für erneuerbare Energien, wir sehen aber, dass es lokal ganz klar auch einen Push-Back gibt. Von daher die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende, wirtschaftlich, aber auch in der Demokratie, ist einfach sehr wichtig.
Carsten Roemheld: Sie haben gerade schon den Finanzsektor angesprochen, da kann ich natürlich eine Menge dazu sagen. Können wir später noch mal kurz darauf kommen, auf den Finanzsektor, weil der sicherlich auch eine wichtige Rolle spielt. Noch eine Frage zu den Städten: Inwiefern spielt denn die Größe der Stadt oder der Kommune eine Rolle, wenn es um die Bereitschaft geht, eben diese Energiewende auf lokaler Ebene voranzutreiben?
Rana Adib: Die Realität ist tatsächlich, dass kleinere und mittlere Kommunen hier weniger Ressourcen haben. Und hier geht es nicht nur um die Finanzressourcen, sondern es geht häufig einfach um die Ressourcen überhaupt. Also energieintegrierte Planung, Städteplanung ist hochkomplex und bedeutet auch die Einbindung sehr vieler Akteure und hier bedarf‘s einfach Ressourcen. Entsprechend ist das sicherlich eine größere Herausforderung für kleine und mittlere Kommunen in Vergleich zu größeren Kommunen.
Was wir allerdings sehen, wenn wir uns die Kommunen angucken, die Erneuerbare-Energie-Ziele haben, ist, dass die kleinen und mittleren Kommunen sehr viel ambitionierter sind. Und dies hat sicherlich was damit zu tun, dass einfach eine lokale Verankerung, ein lokales Bewusstsein häufig auch stärker ist; die Integration in ein ökologisches Umfeld auch präsenter ist als in Großstädten und die Bürger noch mal ein Stück weiter auch an den Kommunen dran sind.
Ganz klare Möglichkeiten, diese Kommunen zu unterstützen, muss natürlich zum einen durch nationale Regierungen geschaffen werden; dass die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, noch mal Zugang zu Finanzierungen, aber eben auch Zugang zur Expertise. Was wir allerdings auch sehen, ist, dass einfach solche Kommunen sehr, sehr stark in Städtenetzwerken zusammenarbeiten. Und das ist heute wirklich ein sehr wichtiger Hebel – nicht nur, um die Energiewende lokal voranzubringen, sondern auch auf Städteebene.
Und hier möchte ich zwei konkrete Beispiele nennen: In Südkorea und in Japan haben ganz klar Städte im Städteverbund und nicht nur die Energiewende auf Städteebene, sondern auch auf der nationalen Ebene, vorangebracht. Das sind Städte, die selber Klimaziele hatten, und ganz klar Einfluss genommen haben auf die nationale Regierung, dass sie ambitionierter wird. Und dies funktioniert einfach sehr gut, weil entsprechend ein stetes Sprachrohr existiert, aber eben auch die Städte – ich glaube, 80 % des Bruttoinlandprodukts global liegt in Städten. Städte sind verantwortlich für etwa drei Viertel des Energieverbrauchs, sie sind verantwortlich für drei Viertel der CO2-Emissionen und das bedeutet natürlich, das sie extrem relevant sind für die nationalen Regierungen, die Energiewende voranzutreiben und die Klimaziele zu erreichen. Und so was funktioniert dann im Verbund sehr viel besser, als wenn eine Stadt einzeln agiert.
Carsten Roemheld: Was auch sehr wichtig sein dürfte für diese Überlegung ist das Land China und wir haben schon in vielen anderen Podcasts in der Vergangenheit über China gesprochen, weil’s einfach sehr, sehr interessant ist, über das Land zu sprechen und die Entwicklungen dort zu verfolgen. China ist ja nach wie vor einer der größten Umweltverschmutzer der Welt und hat aber trotzdem sich jetzt Klimaziele gesetzt. Bis 2060 will China auch klimaneutral werden und ist jetzt sehr stark und sehr motiviert dazu übergegangen, diese Ziele zu verfolgen. Vor einigen Jahren war das noch relativ egal, sage ich mal – flapsig gesagt: Wachstum um jeden Preis. Was hat sich auch in China geändert, dass eben diese Ziele und diese Ambitionen jetzt so eine große Rolle spielen?
Rana Adib: Was sehr interessant ist und, ich denke, das zeigt eben auch, dass auf der Städteebene häufig Klima nicht der Haupt-Driver ist für die Energiewende, ist wirklich das Thema Luftverschmutzung – ist in China extrem präsent in den Städten. Ich glaube, 80 % der am meisten – nageln Sie mich nicht darauf fest –, aber der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung liegen im asiatischen Raum. Und dies bedeutet natürlich ganz klar Konsequenzen für die Umwelt, Konsequenzen für die Gesundheit und extrem hohe Kosten für die Volkswirtschaft. Und das ist ein Hauptmotor gewesen für die Energiewende in China.
Wo China sehr interessant ist, ist, dass es hier tatsächlich eine Kopplung gibt von Klimazielen, von Zielen, was zum Beispiel die Luftqualität angeht, aber auch mit der industriepolitischen Entwicklung. Also hier geht es darum, auch einfach einen Wirtschaftszweig aufzubauen, und das sieht man dann natürlich auch, wenn man sich die Erneuerbare-Energie-Zahlen – also, was die Kapazitäten angeht, Investitionen etc. – anguckt, ist China hier einfach ein Leader weltweit.
Carsten Roemheld: Ja, absolut. Eine wichtige Rolle spielen auch die energieintensiven Sektoren und Unternehmen und die Energiewirtschaft selbst. Welche Rolle spielen die aus Ihrer Sicht bei der Energiewende? Sind sie eher ein Teil des Problems oder auch ein Teil der Lösung?
Rana Adib: Ich glaube, es gibt nie Schwarz und Weiß, von daher sind sie beides. Sie sind ein Teil des Problems, vor allem, wenn es um die energieintensiven Industrien geht, weil es Sektoren sind, wo die Energiewende sehr viel komplizierter ist voranzubringen. Also, wenn wir uns den Stromsektor angucken oder auch den Gebäudesektor, Transportmittel, Elektromobilität, gibt es hier einfach technische Lösungen, die heute schon existieren und eigentlich nur – „nur“ – verbreitet werden müssen. Wenn wir uns tatsächlich energieintensive Industriezweige angucken, gibt es hier Lösungen und wir sehen, dass das Innovationspotenzial auch enorm ist. Also, wenn man sich die erneuerbaren Energien vor 20 Jahren anguckt im Vergleich zu heute, gibt es so viel Innovation, ist die Kostensenkung so drastisch gewesen, dass ich auch denke, dass es auch für die energieintensiven Sektoren Lösungen gibt.
Was interessant ist, dass natürlich diese Sektoren heute auch ganz klar solche Themen wie erneuerbare-Energien basiert auf Wasserstoff mitentwickeln und hier Investitionen mit reinbringen, die es eben auch ermöglichen, neue innovative Technologien zu entwickeln. Hier möchte ich aber noch mal unterschreiben, dass es extrem wichtig ist, wieder nicht zu vergessen, dass natürlich diese Lösungen erneuerbare-Energie-basiert sein müssen. Das bedeutet, wenn wir Grünen Wasserstoff haben möchten, dann müssen parallel hierzu die Erneuerbare-Energie-Kapazitäten im Stromsektor ausgebaut werden.
Was die Städte angeht, um noch mal den Link zu machen zwischen Industrie- und dem Gebäudesektor, ist es tatsächlich so, dass hier die Tendenz eher ist, zu sagen, für den Gebäudesektor gibt es sehr, sehr viele Technologien, die heute schon existieren. Sei es die Elektrifizierung des Sektors oder auch thermische Lösungen oder eben auch Versorgungsnetzwerke, also Fernwärmenetzwerke. Die ermöglichen, erneuerbare Energien auch heute schon umzusetzen. Also die Message hier ist: Auf der Städteebene brauchen wir nicht zu warten, dass erneuerbarer Wasserstoff existiert, bevor wir die Energiewende umsetzen können. Im Gegenteil: Wir müssen heute damit anfangen, die existierenden Lösungen zu installieren.
Carsten Roemheld: Ich möchte mal kurz auf den Finanzsektor eingehen, natürlich auch als Repräsentant des Finanzsektors, und über die Lenkungswirkung des Kapitels. Denn in der Finanzwirtschaft ist es tatsächlich inzwischen absoluter Usus bei Investments auf Nachhaltigkeitskriterien, bei uns vor allen Dingen eben, zu achten und als aktiver und engagierter Investor aufzutreten und die Unternehmen auch zu begleiten bei dieser Transformation. Wie groß ist Ihr Vertrauen, dass diese Nachhaltigkeit auch nachhaltig passiert? Wie groß ist Ihr Vertrauen in die Kräfte des Kapitalmarkts? Wie groß ist Ihr Vertrauen, dass das jetzt sozusagen eine endgültige Zeitenwende bedeutet und nicht wieder irgendwann eine Rückkehr zu alten Standards erfolgen wird?
Rana Adib: Also ich würde sagen insgesamt, glaube ich, ob es Markt oder Kapitalmarkt ist, es ist wichtig, zu sehen, dass es hier wahnsinnig viele Gelegenheiten gibt, aber die Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit der Markt auch korrekt funktioniert. Das ist einfach schon mal die erste Realität. Wir sehen, dass einfach seitens der Investoren und Aktionäre hier ein großes Interesse existiert an nachhaltigen Investitionen. Wenn man sich die Investitionen in Nachhaltigkeitsfonds anschaut, sind die zum Beispiel in 2020 um 300 % gestiegen. Und das ist ein Zeichen, dass es hier ein Interesse gibt und der Markt auch ein Stück weit sich mitreguliert und die Kapitalmärkte mitregulieren.
Was hier, glaube ich, sehr wichtig ist zu sagen: Wenn man sich den Privatsektor anguckt, gibt es ganz klar ein Einverständnis, dass heute die Investitionen in Nachhaltigkeit eigentlich notwendig sind, um mittel- und langfristig, in diesen Märkten zu überleben. Weil es einen Druck gibt seitens der Konsumenten, auf der einen Seite. Der andere Aspekt ist aber eben auch, dass wir sehen, dass große Banken, Investitionsbanken, Entwicklungsbanken heute ganz klar sich zurückziehen aus Investitionen in fossile Energieträger, weil sie, dass es zu „stranded assets“ führt und hier große Risiken behaftet sind mit diesen Investitionen. Und ich denke, um gerade noch mal auf China zurückzukommen als Beispiel, China hat … oder auf der chinesischen Seite wird immer wieder kritisiert, was China im Bereich Kohle und Kohleinvestitionen außerhalb Chinas macht, und 2020 war das erste Jahr, wo die Investitionen außerhalb von China in erneuerbare Energien höher waren als in fossile.
Und ich denke, dass es hier einen Wechsel gibt. Deswegen ist Nachhaltigkeit, das Nachhaltigkeitsreporting meiner Ansicht nach hier extrem wichtig, weil es einfach auch den Aktionären und Konsumenten die Möglichkeit gibt, mitzuentscheiden, wie das Geld genutzt wird und wie die Energiewende gesteuert wird.
Carsten Roemheld: Ich würde mal gerne auf die Pandemie kurz eingehen und inwieweit die jetzt bestimmte Entwicklungen beschleunigt haben könnte. Die Emissionen sind der Krise teilweise drastisch zurückgegangen, dann gab es eben diese Pakte, die wir vorhin schon angesprochen haben, die geknüpft sind an bestimmte Bedingungen, was Umwelt- und Klimainvestitionen betrifft. Glauben Sie, dass die Pandemie in der Form eine gewisse Entwicklung in diese Richtung beschleunigt hat, oder glauben Sie, dass das ohnehin auch ohne Pandemie so gekommen wäre, wie wir es jetzt gerade vorfinden? Wir hatten vorhin auch schon mal überlegt oder gesagt, dass diese Instrumente nicht so effektiv eingesetzt werden, wie sie eingesetzt werden könnten, aber vielleicht haben Sie dazu noch ein, zwei Punkte für uns.
Rana Adib: Ich denke, die Pandemie hat wirklich eine „disruption“ gebracht insgesamt. Und hat auch dazu geführt, dass wir auf einmal feststellen, dass die Realität anders sein kann als die Realität, die wir leben. Und in vielen Städten sieht man tatsächlich, dass die Luftqualität so dramatisch hochgegangen ist – das ist sicherlich eine Realität vor allem in Industrieländern eher –, dass hier ein anderes Bewusstsein geschaffen wurde. Also: Das ist eine sehr positive Sache.
Ich glaube, ein anderer Aspekt ist auch, dass wir natürlich in der Pandemie gesehen haben, dass Regierungen tatsächlich in der Lage sind, massiv zu mobilisieren und auch Leadership zu zeigen. Mit mehr oder weniger Erfolg, aber hier hat es starke Entscheidungen geben müssen und auch eine Mobilisation oder eine Mobilisierung von hohen Investitionen. Entsprechend haben wir hier Referenzfälle. Heute, wie ich vorher gesagt habe, sind leider die Ausschüttungen der Coronahilfen nicht genutzt worden, um wirklich strategisch zu shiften. Und es gibt hier Nachholbedarf seitens der Regierungen, dass hier umgelenkt wird. Das ist ein Aspekt.
Der andere Aspekt ist, dass 2020 der Energiebedarf runtergegangen ist und die CO2-Emissionen entsprechend auch runtergegangen sind, der Anteil von CO2 in der Atmosphäre hat aber nie eine höhere Konzentration gehabt als Ende 2020. Und wir sehen, dass auch der Energieverbrauch zum Ende des Jahres hin wieder hochgegangen ist. Das ist wieder ein Zeichen: Es ist möglich, viele Dinge zu machen, aber es zeigt auch, dass ein struktureller und ein drastischer Strukturwandel hier notwendig ist. Ganz klar weg von den fossilen Energieträgern, hin zu effizienten, Erneuerbaren-basierten Energie- und Wirtschaftssystemen.
Carsten Roemheld: Ich glaube, das können wir auf jeden Fall mitnehmen, dass wir in diese Richtung auf jeden Fall weiter operieren und argumentieren müssen. Ich möchte trotzdem am Schluss des Gesprächs noch mal auf einen anderen Aspekt eingehen, der vielleicht eine andere Begleiterscheinung darstellt. Denn wir haben ja sicherlich in Zukunft möglicherweise mit höheren Strompreisen zu rechnen insgesamt durch den Energiemix, den wir in Zukunft planen, CO2 wird teurer und muss auch teurer werden, ganz klar, insofern sind sozusagen Begleiterscheinungen dieser Energiewende auch tatsächlich höhere Kosten. Wie stark, glauben Sie, wird dieser Aspekt in Zukunft eine Rolle spielen? Ist das etwas, worüber wir uns stark Gedanken machen müssen, weil Strompreise doch drastischer steigen werden in Zukunft? Oder wie sehen Sie diesen Aspekt der Kosten dieser Politik?
Rana Adib: Die Realität ist, Strompreise werden tatsächlich hochgehen. Aber Strompreise werden hochgehen, ob es mit erneuerbaren Energien ist oder mit fossilen. Weil die Realität auch ist, dass heute, wie ich’s vorher gesagt habe, die fossilen Energieträger subventioniert werden, das ist der eine Teil, aber die negativen Auswirkungen der Nutzung fossiler Energieträger nicht in die Preise einkalkuliert sind – weder auf Umwelt- noch auf Gesundheitsebene noch auf sozialer Ebene. Das bedeutet, so oder so muss man davon ausgehen, dass die Energiekosten hochgehen werden.
Es geht nicht nur darum, Kapazitäten aufzubauen, sondern wir brauchen auch die Infrastruktur. Das ist eine Realität, die muss aufgebaut werden. Hier ist auch wieder klar, dass die Infrastrukturen, die aufgebaut werden müssen für erneuerbare Energien, andere sind, als wenn wir über zentrale fossile Energieträger und Netze denken. Und hier glaube ich tatsächlich, dass wir über die nächsten 10 Jahren noch völlig andere Konzepte sehen werden, mit einer echten, massiven Dezentralisierung. Und hier sieht man ganz klar, also Hamburg ist ein Beispiel, wo es eine Kommunalisierung des Distributionsnetzes gegeben hat. Wir sehen, dass es hier ein extrem hohes Potenzial gibt in Entwicklungs- und Schwellenländern, die noch keine Infrastruktur haben, viel dezentralere Infrastrukturen aufzubauen. Wo tatsächlich die unterschiedlichen Erneuerbare-Energie-Quellen mit Digitalisierung, mit „storage“, also Batterien, hier zu lokaler Produktion für lokalen Verbrauch aufgebaut werden. Und vielleicht gibt es ja In-frastrukturen, die gar nicht so drastisch ausgebaut werden müssen.
Es sind sicherlich auch Aspekte, die hängen von den lokalen Rahmenbedingungen ab. Also in Europa, wo wir ein sehr stark vernetztes Distributions- und Transmission-Distribution-Netzwerk haben, gibt es hier eine Flexibilität, die genutzt werden sollte, weil die Infrastruktur schon existiert. In anderen Ländern können einfach die Lösungen sehr anders aussehen. Und hier spielt die Politik und die regulatorischen Rahmenbedingungen auch wieder eine Rolle. Wenn wir uns angucken „carbon pricing“, die Bepreisung von CO2, ist heute global noch nicht ausreichend stark verankert. Und wenn man sich hier auch die politischen Entwicklungen anguckt, ist das leider ein Thema oder eines der politischen Instrumente, die heute hintenanstehen. Die Pandemie zeigt, dass Volkswirtschaften heute anfangen müssen, die weiteren volkswirtschaftlichen Wirkungen, die negativen Wirkungen zu bepreisen, also Umweltverschmutzung muss bepreist werden und entsprechend muss es hier politische Instrumente geben.
Carsten Roemheld: Das war doch schon mal ein wunderbares Schlusswort. Wir sind auf dem richtigen Weg, wir haben, glaube ich, inzwischen einiges auf den Weg gebracht, aber Sie haben wunderbar selbst gesagt, es gibt noch einiges zu tun und noch einige Dinge liegen auf dem Weg, die wir sicherlich in Zukunft angehen müssen.
Das war’s schon wieder, die Zeit ist, glaube ich, wie im Flug vergangen. Frau Adib, ich möchte Ihnen sehr, sehr herzlich danken für das Gespräch und die tollen Einsichten, die wir von Ihnen bekommen haben – zu einem Thema, was uns, glaube ich, alle beschäftigt, alle umtreibt, an dem wir alle großes Interesse haben.
Vielen Dank auch an alle Zuhörer für Ihr Interesse, bleiben Sie uns gewogen, ich freue mich schon jetzt auf das nächste Mal. Viele Grüße und bis bald, Ihr Carsten Roemheld.
Rana Adib: Vielen Dank.

Rana Adib
Generalsekretärin der politischen Initiative „Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (REN21; deutsch: Netzwerk für erneuerbare Energien des 21. Jahrhunderts) mit Sitz in Paris. REN21 versteht sich als Austauschforum für Ideen und Informationen rund um erneuerbare Energien. Das ständige Sekretariat ist beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen angesiedelt.
Die studierte Wirtschaftsingenieurin verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Konzeption und Umsetzung von Projekten aus den Bereichen nachhaltige Energie, Umwelt und Entwicklung. Während ihrer Tätigkeit als Generalsekretärin bei REN21 trug Adib maßgeblich dazu bei, den jährlichen Renewable Global Status Report als ein internationales Standardwerk der Erneuerbaren-Energien-Branche zu etablieren. Zuvor arbeitete Adib in der Privatwirtschaft und in der angewandten Forschung in den Bereichen Energie und Abfallwirtschaft.
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Stand: Juli 2021, MK12697
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