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Welternährung in der Krise: So ungerecht wie klimaschädlich

Carsten Roemheld

Carsten Roemheld - Kapitalmarktstratege Fidelity International

Unsere Nahrungsmittelversorgung befördert den Hunger und schädigt die Umwelt, sagt Medizinerin Dr. Lisa Pörtner von der Charité Berlin. Die Mitinitiatorin eines politischen Appells von weltweit über 600 Forschenden spricht über die Klimakrise als medizinischen Notfall.

Welternährung in der Krise (I): Ungerecht und ungesund

Während zwei Milliarden Menschen an Übergewicht leiden, hungert fast ein Zehntel der Weltbevölkerung. Mit anderen Worten: Unser weltweites Ernährungssystem macht Menschen krank. Außerdem trägt es maßgeblich zur globalen Umweltzerstörung bei, denn die Nahrungsmittelindustrie ist für hohe Emissionen verantwortlich und frisst sich immer mehr in Lebensräume wilder Tiere und Pflanzen. So geht das nicht weiter, sagt die Medizinerin Dr. Lisa Pörtner von der Charité in Berlin. Im ersten Teil des Podcasts spricht sie über die Notwendigkeit eines offenen Welthandels für Nahrung und die wichtige Rückkehr zur lokalen Produktion. Außerdem: Warum wir mit unserer Landwirtschaft das Risiko von Pandemien maßgeblich erhöhen.

Welternährung in der Krise (II): Unter Zwang zu neuen Lösungen

Nahrungsmittel wachsen nicht im Regal. Wir brauchen dafür ein stabiles Klima, sauberes Wasser, gesunde Böden, Artenvielfalt und Bestäuber. Mit unserer aktuellen Form der Landwirtschaft zerstören wir daher die Grundlage für die Nahrungsmittelproduktion der Zukunft. Wie kommen wir aus dieser Lage? Durch eine Ernährung mit deutlich weniger Fleisch, weniger Lebensmittelverschwendung und einem fundamentalen Umbau der Landwirtschaft. Dabei sind auch die Staatenlenker gefordert: Mit einer Mischung von Verboten, Steuern und Anreizen können sie die Wende noch rechtzeitig einleiten, sagt Pörtner. Das sollte auch die Industrie begrüßen. Denn auf einem kaputten Planeten gibt es kein Wirtschaftswachstum mehr.

Carsten Roemheld: Vor mehr als einem halben Jahr startete die russische Invasion in der Ukraine. Wir sind seither Zeugen eines Krieges mitten in Europa, dem wir einigermaßen fassungs- und hilflos zusehen. Zu den dramatischen Kriegsfolgen gehört auch, dass der Krieg den ohnehin grassierenden Hunger in der Welt noch verschärft hat. Denn Russland und die Ukraine gehören zu den größten Weizenproduzenten der Welt. Fast ein Siebtel der Weltproduktion an Weizen stammt aus diesen beiden Ländern. Am Welthandel hatten beide zusammen zuletzt sogar einen Marktanteil von über 26 %. Anders gesagt: Jeder vierte Sack Weizen, der auf dem Weltmarkt zu kaufen war, stammte vor dem Kriegsausbruch aus der Ukraine oder aus Russland.

Länder wie der Jemen oder Somalia sind nahezu vollständig auf Weizen aus der Region angewiesen. Und nun haben Exportverbote für Russland, zerstörte Speicher, verminte Felder und die monatelang blockierten Seewege die Ausfuhren einbrechen und die Preise explodieren lassen. Vor allem in Afrika nehmen seither die Versorgungsengpässe zu. Der Krieg wirft damit ein Schlaglicht auf den prekären Zustand der Welternährung und zeigt uns dramatisch auf, dass wir schnell und substanziell umsteuern müssen.

Das sagt meine heutige Gesprächspartnerin im Podcast, Dr. Lisa Pörtner. Sie ist Medizinerin an der Charité in Berlin. Nach langjähriger klinischer Tätigkeit ist sie aktuell als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe ‚Klimawandel und Gesundheit‘ der Charité und des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung tätig und forscht dort zu gesunder und nachhaltiger Verpflegung an Gesundheitseinrichtungen. Zudem ist sie bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit KLUG e.V. für den Bereich ‚Ernährung und Planetary Health‘ zuständig.

Kurz nach Kriegsbeginn hat Lisa Partner gemeinsam mit anderen hochrangigen Wissenschaftlern einen dramatischen Appell veröffentlicht. Die Autoren fordern darin eine umfassende Umstellung der Nahrungsmittelversorgung, um die Welternährung langfristig und nachhaltig zu sichern. Wie also erreichen wir eine gerechtere Verteilung der Nahrungsmittelressourcen in der Welt? Was droht, wenn uns das nicht gelingt? Und welche Rolle spielen dabei die großen Nahrungsmittel Produzenten?

Heute ist der 6. Oktober 2022, mein Name ist Carsten Roemheld und ich bin Kapitalmarkt-Stratege bei Fidelity International. Ich freue mich sehr auf das Gespräch mit Lisa Pörtner.

Herzlich willkommen beim Kapitelmarkt-Podcast von Fidelity, Frau Dr. Pörtner.

Lisa Pörtner: Ja, vielen herzlichen Dank für die Einladung.

Carsten Roemheld: Wir fangen mal an mit einem Positionspapier, was Sie vor einiger Zeit veröffentlicht haben, an dem Sie auch maßgeblich mitgewirkt haben. Und dort haben Sie einen dramatischen Appell veröffentlicht. Was war denn der zentrale Auslöser dafür?

Lisa Pörtner: Ja, also wie Sie eben ja schon geschildert haben, ist es so, dass bereits in den Wochen nach dem Krieg relativ schnell offensichtlich wurde, dass dieser Krieg nicht nur dramatisch ist aus menschlicher Sicht und eine humanitäre Katastrophe ausgelöst hat, sondern dass es auch einen dramatischen Schock bedeutet hat für den Energiemarkt, aber dann eben auch für den Nahrungsmittelmarkt. Weil, wie Sie das eben schon gesagt haben, die Ukraine und Russland eben ja auch wichtige Produzenten sind, wichtige Lieferanten von Getreide und Ölsaaten für den Weltmarkt.

Und es ist eben so, dass diese drohende Nahrungsmittelkrise offensichtlich geworden ist. Und die politischen Reaktionen, die darauf geäußert wurden, beispielsweise insbesondere ja auch auf der EU-Ebene, waren eben dieser Ruf nach dieser ausfallenden Produktion in der Ukraine und in Russland: Die müssen wir jetzt aufholen. Also wir müssen jetzt quasi Umweltauflagen abschwächen in der EU und hier mehr Getreide und mehr Ölsaaten zu produzieren.

Und was nicht passiert ist, und zwar das, was wir eben stark kritisieren und warum wir uns auch zusammengesetzt haben und gesagt haben, wir müssen uns dazu jetzt äußern, ist, einmal einen Schritt zurückzutun und sich das Ernährungssystem anzuschauen, wie es denn jetzt auch vor dem Krieg schon existierte, und zu schauen, ist dieses System denn ein System, das wir so aufrechterhalten sollten. Und wenn man das tut, also diesen Schritt zurücktut, dann sieht man, dass dieses System an sich sowieso auch schon keine Zukunft hat, weil es ein ungerechtes System ist, ein ungesundes System, ein umweltschädliches System und ein System, das tatsächlich sogar auch auf Dauer unsere Ernährungssicherheit bedroht.

Und diese Reflexion ist nicht erfolgt und von daher sind eben diese kurzfristigen politischen Handlungsansätze oder Entscheidungen getroffen worden, also eine kurzfristige Erhöhung der Produktivität auf Kosten der Umwelt, um diese Lücken zu füllen, die eben durch den Krieg entstanden sind. Und aufgrund dessen haben wir eben diesen Appell, dieses Statement geschrieben, das jetzt auch von über 600 internationalen Expert*innen mitunterzeichnet wurde, in dem wir eben zu einer umfassenden Transformation des Ernährungssystems aufrufen.

Carsten Roemheld: Wenn wir da ein bisschen mehr ins Detail gehen würden: Was sind denn genau Ihre Forderungen und was sind Ihre Botschaften, die daraus hervorgehen?

Lisa Pörtner: Also die Botschaften sind im Prinzip einmal diese Problemanalyse, die wir machen, in der wir aufzeigen, dass in diesem Ernährungssystem, in diesem globalen Ernährungssystem, das wir ja mittlerweile haben, dass es ein extrem ungerechtes System ist. Das heißt, wir haben steigende Zahlen von hungernden Menschen, mittlerweile fast 10 % der Weltbevölkerung, die von chronischem Hunger betroffen sind, jedes fünfte Kind weltweit, das unterernährt ist – diese massive Ungerechtigkeit.

Auf der anderen Seite haben wir ja das Problem dann der zunehmenden Gesundheitsprobleme in den reicheren Ländern. Also zunehmende Zahlen an Menschen, die übergewichtig sind, mehr als 2 Milliarden mittlerweile an Menschen, die übergewichtig sind, mit steigenden Zahlen und mit entsprechenden Folgeerkrankungen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Krebserkrankungen. Das heißt, dieses System sorgt nicht für eine gute Gesundheit der Menschen weltweit.

Und unser Ernährungssystem trägt eben maßgeblich zur globalen Umweltzerstörung bei. Und das ist ja ein Problem, das immer offensichtlicher wird. Unser Ernährungssystem ist ein relevanter Treiber der Klimakrise, der Zerstörung natürlicher Lebensräume, damit auch einer der relevanten Treiber des massiven Artensterbens, das wir aktuell erleben, und damit überhaupt nicht zukunftsfähig. Und das stellen wir eben in unserem Statement dar und fordern eben diese umfassende Transformation, die im Wesentlichen drei Hauptpunkte beinhaltet:

Es ist zum einen eben der Wechsel des Ernährungsverhaltens weg von einer Kost, die global ja immer stärker auch auf tierischen Produkten basiert, hin zu stärker pflanzenbasierten Ernährungsweisen. Das ist der erste zentrale Hebel. Der zweite zentrale Hebel ist die Reduktion der Lebensmittelabfälle. Wir verschwenden ja weltweit circa ein Drittel aller Lebensmittel, die produziert werden; das heißt, die fließen überhaupt nicht in die Nahrungsmittelkette ein. Und der dritte relevante Hebel ist eben, dass wir weg müssen von einer Landwirtschaft, die eben beiträgt zur Klima- und Umweltkrise hin zu einer naturpositiven Landwirtschaft, die eben zu Natur- und Umweltschutz beiträgt.

Carsten Roemheld: Das klingt ja alles sehr einleuchtend und vollkommen nachvollziehbar. Wie ist denn die Resonanz gewesen auf Ihr Papier, wenn ich das mal fragen darf?

Lisa Pörtner: Also die Resonanz in wissenschaftlichen Kreisen war sehr, sehr positiv. Ich sagte es ja gerade: Wir haben innerhalb kürzester Zeit über 600 Unterschriften quasi sammeln können für diesen Aufruf. Die Presseresonanz war zum Teil zeitverzögert, aber schon auch sehr deutlich. Also es war schon ein relevanter Beitrag zu der Diskussion, die geführt wurde. Leider ist es so, dass relevante Adressaten – und das war ja für uns auch die Politik, die haben wir ja eben gewarnt, eben auch vor der Abschwächung der Umweltvorgaben – und da ist es ja nur bedingt angekommen.

Carsten Roemheld: Das scheint ja überhaupt ein größeres Problem zu sein, aus meiner Sicht ganz generell mit sehr nachvollziehbaren Forderungen, die sozusagen die Langfristigkeit von bestimmten Zielen beinhalten; dass in der politischen Welt sozusagen durch diese Einschränkung auf Legislaturperioden und sozusagen „in meiner Amtszeit mache ich dies und jenes“, aber diese ganz langfristige Planung, dass sie leider ein Stück weit irgendwo immer wieder zurückweichen muss, wenn es andere Probleme gibt.

Das ist, glaube ich, ein großes Problem, was auch bei Ihnen wahrscheinlich vorherrschen wird, dass die politischen Akteure einfach nicht dieses langfristige Handeln, was sinnvoll wäre, frühzeitig genug beginnen, weil sie immer nur mit Problemen operieren, die direkt vor ihnen liegen und die ihre eigene Legislaturperiode umfasst. Das dürfte doch das größte Problem sein allgemein an der politischen Umsetzung solcher Ziele!?

Lisa Pörtner: Genau, das ist ein ganz, ganz wichtiges Problem. Und das, was Sie ansprechen, ja, das ist ja auch das, was wir ganz klar hervorheben: dieses kurzfristige Denken und diese Konzentration auf kurzfristige Krisen. Das haben wir ja auch gesehen mit der Covid-Pandemie, das war ja die erste kurzfristige Krise. Jetzt kommt der Krieg und dabei wird dann außer Acht gelassen, dass wir im Hintergrund aber sehr viel größere dramatische Krisen haben, bei denen es wirklich auch an unsere Lebensgrundlagen geht, nämlich die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust, der massive.

Und dann wird immer kurzfristig so getan: „Ach, wir haben jetzt das Problem, das lösen wir jetzt hier vordergründig, die anderen Krisen schieben wir auf die Bank.“ Und das funktioniert eben einfach nicht. Also mit der Natur kann man nicht verhandeln auf diese Art und Weise, sondern im Gegenteil, was ja passiert, wenn wir uns immer so kurzfristig nur auf das konzentrieren, was akut vorliegt, und die dahinterliegenden Krisen ignorieren:

Erstens: Wir verschärfen diese zugrunde liegenden Krisen. Also wenn wir jetzt sagen, wir schwächen die Umweltvorgaben ab, dann verschärfen wir die Umweltkrise. Das ist einfach ein Riesenproblem. Aber das ist leider sehr zentral im politischen Denken. Was da alles die Gründe sind, sind sicherlich die Legislaturperiode, sicherlich aber auch sehr starke Lobbyeinflüsse. Also die Lobby, die eben profitiert von dem Status quo und die nicht möchte, dass sich das ändert.

Und das Problem ist aber einfach, dass, wenn wir so reagieren, schlingern wir nur noch von einer Krise zur nächsten. Wir kommen wirklich in einen Teufelskreis. Wir blicken ja jetzt schon in ein Jahrhundert der Krisen. Und wenn wir es nicht schaffen, umfassend zu denken und alle Krisen gemeinsam anzugehen, dann kommen wir aus diesem Zyklus nicht mehr heraus, sondern das wird einfach immer schwerer. Auch wenn ich hier jetzt nicht die Pessimistin spielen möchte, aber das ist leider einfach so.

Carsten Roemheld: Und das ist auch das, wovon Sie sprechen, wenn Sie von der Klimakrise als medizinischem Notfall sprechen. Also das ist das, wo die Zusammenhänge auch zwischen der Nahrungsmittelproblematik und der Klimakrise eben zusammenfallen und die unmittelbar vor uns stehen, wenn wir sie jetzt nicht unmittelbar angehen; dass wir dann langfristig ein viel größeres Problem bekommen. Das ist das, was Sie damit meinen.

Lisa Pörtner: Genau, das hat eben verschiedene Aspekte. Also die Klimakrise ist laut Weltgesundheitsorganisation die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert. Es ist einfach so. Wir sehen zunehmend dramatische Auswirkungen. Das wird ja niemand mehr leugnen, das erleben wir auch in unseren Breitengraden; obwohl wir ja noch sehr privilegiert sind – im globalen Süden sieht das schon sehr viel schlimmer aus –, erleben wir das aber ja.

Wir haben ja auch in Hitzesommern in Deutschland immer jetzt bereits eine Übersterblichkeit. Wir haben auch hier zunehmende Extremwetterereignisse. Wir hatten im letzten Jahr über 100 Todesfälle im Ahrtal. Das sind alles medizinische Folgen der Klimakrise, die sich auch in Zukunft immer weiter verschärfen werden. Dazu gehört nämlich auch – und das wird leider noch viel zu wenig diskutiert –, dass auch das Risiko für Zoonosen und Pandemien mit zunehmender Klimaerwärmung weiter ansteigt.

Da gibt‘s eine sehr aktuelle wissenschaftliche Arbeit zu, die aufgezeigt hat, dass in diesem Jahrhundert durch die zunehmende Klimaerwärmung und auch durch die weiter fortschreitende Zerstörung natürlicher Lebensräume es so sein wird, dass es zu Wanderungen von Tierpopulationen kommt, dadurch zu einer Durchmischung von Krankheitserregern und einem deutlich steigenden Pandemierisiko für den Menschen. Das haben wir im Prinzip schon gebucht.

Und wenn wir uns angucken, wie dramatisch die Auswirkungen der Covid-Pandemie sind, in deren dritten Jahr wir uns ja befinden, dann wundert es, dass auch hier dieses systematische, umfassende Denken nicht einsetzt, was die Wurzel dieser Krisen angeht.

Carsten Roemheld: Können Sie in dem Zusammenhang den Begriff ‚Zoonose‘ noch mal bitte definieren? Das ist vielleicht nicht allen klar.

Lisa Pörtner: Natürlich, sehr gerne. Zoonosen sind einfach Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übergesprungen sind. Und mittlerweile sind es eben mehr als zwei Drittel aller Infektionserkrankung des Menschen, die Zoonosen sind; das heißt, die ihren Ursprung bei den Tieren haben. Und hier ist tatsächlich auch das Ernährungssystem wiederum ganz, ganz zentral. Denn es ist ja so, dass wir quasi als Reservoirs, als möglichen Ursprung für diese Zoonoseerreger, einmal wild lebende Tiere haben und einmal Nutztiere haben:

Und jetzt ist es ja so, dass wir durch unser Ernährungssystem, das ist einer der Haupttreiber für die globale Entwaldung, also für die Zerstörung natürlicher Lebensräume, damit kommen wir immer mehr in Kontakt mit wildlebenden Tieren und das Risiko einer Übertragung steigt.

Und bei den Nutztieren ist es so – ich habe es auch schon kurz angesprochen –, weltweit steigt der Konsum tierischer Lebensmittel. Wir halten immer mehr Tiere auf engstem Raum unter desolaten Bedingungen und auch hier steigt dadurch eben das Risiko für eine Übertragung an.

Carsten Roemheld: Eine Zwischenfrage mal: Haben Sie denn den Eindruck – weil wir gerade über Politik gesprochen haben und die Schwierigkeit, solche langfristigen Strategien oder langfristige Planung dort zu platzieren –, haben Sie den Eindruck, dass gesellschaftlich die Diskussion weiter ist, dass die Bevölkerung und die Leute eigentlich eher willens sind, auch diese Dinge anzunehmen, als die Politiker in der Lage sind, es umzusetzen oder in bestimmte Initiativen umzuwandeln?

Ist das eine Beobachtung, die stimmt, oder ist es so, dass man gesellschaftlich vielleicht viel Zustimmung bekommt für die Thesen und die Unterstützung, auf der anderen Seite aber das Handeln der Menschen vielleicht doch wieder in alten Mustern erfolgt und man sozusagen anders handelt, als man eigentlich spricht vielleicht?

Lisa Pörtner: Ja, das sind ja zwei Paar Schuhe, das ist ganz wichtig. Also das ist ja einmal die Einstellung der Menschen und das ist das Handeln der Menschen auch.

Zur Einstellung: Ja, ich glaube schon, dass die Menschen weiter sind, als die Politik es ihnen zutraut. Es gibt jetzt eine recht frische Arbeit aus den USA zumindest, wo eben auch gezeigt wird, dass das systematisch unterschätzt wird, wie bereit andere Menschen wären, auch Einschränkungen auf sich zu nehmen, wie wichtig sie das Thema ‚Klimakrise‘ beispielsweise finden. Also von daher: Ja, ich glaube, Teile der Gesellschaft sind weiter als Politiker und auch Teile der Industrie. Es gibt ja sogar Appelle der Industrie an die Politik: „Jetzt setzt doch bitte endlich mal die Anreize so. Wir möchten ja gerne, aber regelt es doch bitte entsprechend.“

Genau, und beim Handeln: Das ist natürlich sehr komplex. Wir leben ja in bestimmten gesellschaftlichen Strukturen, es gibt bestimmte Rahmenbedingungen, es gibt bestimmte Anreize, die sind auch maßgeblich durch Politik mitgestaltet. Und da ist es eben oft einfach so, dass es nicht das Einfachere und das Günstigere ist, sich klimafreundlich oder umweltfreundlich zu verhalten. Also da ist das Handeln des Individuums das eine, aber es ist eben auch Aufgabe der Politik, es den Menschen zu erleichtern, sich so zu verhalten.

Carsten Roemheld: Kommen wir noch mal auf das Thema ‚Nahrungsmittel‘ etwas detaillierter zurück: Sie sprechen sich deutlich in einem Aufruf für einen offenen Welthandel für Nahrungsmittel aus. Es gibt ja jetzt auch viele Handelsrestriktionen, die immer wieder mal in verschiedenen Bereichen greifen, unter anderem auch mit Russland. Also das ist auch Teil dieses Aufrufs. Ist aus ihrer Sicht dieses Sanktionsregime des Westens vielleicht ein Fehler? Oder anders gefragt: Sollte man sozusagen solche Dinge wirklich kategorisch ausschließen oder muss man sich die Offenheit, um eben für alle ein besseres Szenario zu erwirtschaften, muss man sich die freihalten?

Lisa Pörtner: Also es ist ja nie so gewesen, dass Nahrungsmittel von westlichen Sanktionen betroffen waren. Das ist ja tatsächlich ausgeklammert worden, gerade weil man gesagt hat, man möchte diese Sanktionen nicht auf dem Rücken der Gesundheit der russischen Bevölkerung beispielsweise jetzt auch austragen. Deshalb haben wir ja auch in unserem Statement eben gesagt, die Handelsströme – auch von Nahrungsmitteln nach Russland und aus Russland heraus –, das sollte offenbleiben, um eben auch die Situation am Weltmarkt nicht zu verschärfen. Das heißt, die Sanktionen haben hier also die Nahrungsmittel nicht direkt betroffen. Es war ja sicherlich so, dass einfach der Handel auch in den Häfen erschwert war, aber das hat eben auch mit der Kriegsführung zu tun gehabt. Also es ist jetzt keine direkte Folge der Sanktionen.

Wir haben dazu aufgerufen, der Handel sollte offenbleiben, denn das, was wir ja zum Teil gesehen haben, was eben gefährlich ist für die Märkte, also diese Preissteigerungen, werden ja durch Knappheit eben ausgelöst. Und was man zum Teil eben gesehen hat, ist, dass Länder quasi, die eigentlich exportieren, gesagt haben: „Schluss, wir schließen das jetzt, wir behalten das Getreide zurück, wir bauen hier unsere Speicher stärker auf.“ Und wenn alle das machen, dann verschärft sich die Situation natürlich noch stärker.

Weil eigentlich muss man sagen, es ist die ganze Zeit genug Getreide dagewesen, auch in Getreidelagern, beispielsweise in China. Aber das wird eben gehortet und nicht freigegeben. Und damit wird die Situation eben unter Umständen noch verschärft und deshalb haben wir gesagt, das ist essenziell, dass die Länder sich eben nicht so protektionistisch verhalten und den Handel unterbinden aus Sorge vor einer Nahrungsmittelknappheit, die in dem Moment für das Land gar nicht da war, aber was die Situation am Weltmarkt eben noch verschärft.

Carsten Roemheld: Aber das ist generell, glaube ich, eine Gefahr in der Zukunft. Denn klar, wir wissen, dass Rohstoffe ein knappes Gut sind: Wir haben da in den letzten Jahren und Jahrzehnten vielleicht wenig, zu wenig investiert, um sozusagen dort ausreichend für Kapazitäten zu sorgen, und das in Zukunft, wenn die Situation sich verschärft tatsächlich und auch die Welt ja weniger wächst, die Inflation stärker steigt, dass vielleicht tatsächlich Länder mehr protektionistisch agieren und ihre eigenen Rohstoffe im eigenen Land halten und sich weniger am Welthandel beteiligen.

Die Gefahr besteht auf jeden Fall, weil eine Frage hätte noch gelautet: Der Handel ist quasi auch essenziell, um eben, wie Sie sagen, natürlich alle profitieren zu lassen. Davon, dass auf der einen Seite Überschuss herrscht, auf der anderen Seite Defizite herrschen. Kann man denn überhaupt mehr lokale Produktion anstreben, auch aus Sicht des Klimaschutzes? Weil der Handel und die Fracht rund um die Welt natürlich auch ein Klimaschutzthema sind. Ist so was überhaupt möglich bei den begrenzten Ackerflächen und ähnlichem, die wir haben, und bei den begrenzten Möglichkeiten für Anbau? Oder wie sehen Sie das?

Lisa Pörtner: Ja, mehr lokaler Anbau ist sogar essenziell für die Zukunft und für die Resilienz des Ernährungssystem. Was wir ja jetzt erlebt haben, ist einfach, dass das Ernährungssystem, das globale Ernährungssystem, das wir mittlerweile haben, das ist nicht resilient. Das hat dieser Krieg gezeigt. Es gibt einen Konflikt zentral irgendwo in Europa und die Nahrungsmittelversorgung bricht an vielen Stellen zusammen und wir sehen eine dramatische Zunahme der Menschen, die von einer akuten Hungerkrise bedroht sind.

Im Prinzip ist es ja auch so gewesen: Das Ernährungssystem war vorher ja nicht entspannt, es war schon extrem angespannt durch die Pandemie auch. Darauf ist dann noch der Krieg gestoßen. Tatsächlich ein Grundproblem ist ja, dass so viele Länder so abhängig sind von Importen und dass wir insgesamt extrem abhängig von ganz wenigen Pflanzenarten sind. Also wir beziehen den Großteil der Kalorien in der Welternährung aus sechs Pflanzenarten, also unter anderem Weizen und Soja etc. Und das ist halt ein extremes Problem. Das ist nie so gewesen, sondern eigentlich gibt‘s von Natur aus eine immense Vielfalt an verschiedenen Arten.

Und dann ist es aber eben so, dass im Rahmen dieser Grünen Revolution die Nahrungsmittelproduktion ja sehr stark intensiviert wurde – große Monokulturen, große Monopole. Es ist ja mittlerweile so, dass der Großteil der Ackerflächen weltweit einer ganz kleinen Zahl von Unternehmen gehört. Und dadurch hat man eben viele Länder in die Abhängigkeit getrieben. Es wurden ja dann auch diese entsprechenden Lebensmittel stark subventioniert; das heißt, sie sind auch unschlagbar günstig gewesen. Damit ist die lokale Produktion quasi zugrunde gegangen, weil die sich gar nicht mehr finanziell dagegen durchsetzen konnte. Und dadurch sind wir in ein System geraten, in dem eben eine immense Abhängigkeit vieler Länder von diesen bestimmten Nahrungsmitteln und von diesen Importen besteht.

Ein resilientes Ernährungssystem wäre eines, wo wir eine viel diverse Produktion haben, viele kleinbäuerliche Strukturen. Wir sehen ja auch, es fällt ein Player weg und das ist eine ganze Katastrophe. Wir müssen jetzt viel stärker diversifizieren, sowohl in dem, was wir anbauen, und in dem auch, wer es anbaut, wer es erntet, und müssen eben hin zu diesen resilienten, nachhaltigen, auch umweltfreundlicher wirtschaftenden kleineren Betrieben.

Carsten Roemheld: Wir sprechen jetzt seit fast einer halben Stunde über die großen Herausforderungen für die Welternährung und einer der zentralen Therapieansätze, die uns die Medizinerin Dr. Lisa Pörtner von der Berliner Charité verschreibt, lautet: Wir sollten die weltweite Nahrungsmittelproduktion schleunigst dezentralisieren und diversifizieren.

Es ist schon erstaunlich, wie ähnlich große Debatten in diesen Zeiten verlaufen. Egal, ob wir über die industrielle Produktion der Zukunft sprechen, über den Umgang mit den großen Verwerfungen im Welthandel oder jetzt über Ernährung und Klimaschutz, es fallen immer ähnliche Schlagworte. Das gilt auch für die beiden weiterhin großen Hebel, die Lisa Pörtner angesprochen hat: Zusätzlich zum Umbau der Wirtschaft geht es ihr zweitens darum, weniger Ressourcen zu verschwenden. Und drittens geht es ihr um eine Veränderung unseres Konsumverhaltens. Dem Grunde nach sind das alles universelle Prinzipien für eine nachhaltige Wirtschaft, die weit über Ernährungsfragen hinausweisen.

In diesem konkreten Anwendungsfall stecken aber auch ganz handfeste Empfehlungen dahinter: Wir sollten weniger Lebensmittel wegwerfen und weniger Fleisch essen. Im zweiten Teil unseres Gesprächs werden wir auf beide Punkte eingehen. Außerdem frage ich Frau Pörtner nach der Rolle der Politik und den Erfolgsaussichten von Verboten und anderen Instrumenten der staatlichen Lenkung. Und wir reden über konkrete Anreize für eine Ernährung, die gesünder ist für Mensch und Natur; beispielweise durch eine andere Besteuerung.

Hören Sie rein! Wenn Sie Anregungen oder Hinweise zu unserem Gespräch haben, mailen Sie mir gerne. Den Kontakt finden Sie in den Show-Notes. Und wenn Ihnen unser Podcast gefällt, abonnieren Sie ihn oder empfehlen Sie uns weiter. Das geht auch über Likes und positive Bewertungen bei Ihrem Podcast-Programm. Ich danke Ihnen jetzt schon für Ihre Rückmeldungen und wir hören uns.

Ihr Carsten Roemheld

Carsten Roemheld: Zwei Milliarden Menschen auf der Welt sind übergewichtig, zugleich hungert jedes fünfte Kind weltweit und ein Drittel aller menschengemachten Treibhausgasemissionen stammen aus dem Ernährungssektor. Das alles sind alarmierende Zahlen, findet Dr. Lisa Pörtner, Medizinerin an der Berliner Charité und Mitinitiatorin eines Appells von über 600 internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die einen grundlegenden Umbau unseres Ernährungssystems fordern.

Im zweiten Teil des Fidelity Kapitalmarkt-Podcasts geht es um Laborfleisch und Lebensmittelverschwendung. Wir sprechen über die wahren Kosten der Tierhaltung, über Monopole in der Landwirtschaft und über das Konzept der ‚Planetary Health Diet‘, bei der wir kurz gesagt unsere Ernährung umstellen auf mehr Vollkorn, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse. Schließlich geht es um die Mehrwertsteuer, Tierwohlabgaben und eine mögliche Stickstoffüberschussbesteuerung. Ein Umsteuern ist jedenfalls unausweichlich, denn mit einem „Weiter so“ beim Umgang mit Nahrungsmitteln gefährden wir unsere Lebensgrundlagen und damit auch unseren Wohlstand. Denn auf einem kaputten Planeten, sagt Lisa Pörtner, gibt es auch kein Wirtschaftswachstum mehr.

Herzlich willkommen zurück, liebe Frau Pörtner, zum zweiten Teil unseres Gesprächs. In dem Aufruf zur Transformation unseres Ernährungssystems kritisieren Sie auch, dass wir eine zu große Menge an Getreide und anderer Agrarrohstoffe an Tiere verfüttern. Wie groß ist dieses Problem und wie können wir hier umsteuern?

Lisa Pörtner: Ja, das ist ein ganz, ganz zentraler Aspekt. Es sind ja mehr als ein Drittel aller weltweit produzierten Kalorien, die an Nutztiere verfüttert werden und nicht der menschlichen Ernährung zugutekommen. Also indirekt natürlich dann durch tierische Produkte, aber wir haben in dieser Umwandlung von pflanzlichen in tierische Kalorien immense Verluste, Energieverlust quasi; und von daher ist das essenziell, auch in Zukunft. Um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen, müssen wir den Anteil der Nutztiere reduzieren und auch den Anteil der Kalorien, die in die Industrie fließen, in den Tank beispielsweise.

Auch da, wenn man mal einen Schritt zurücktritt, ist es eigentlich pervers, dass man sagt: Mittlerweile hat sich die Zahl der Menschen, die am Rand einer Hungersnot stehen, in den letzten zwei, drei Jahren fast verdreifacht. Und auf der anderen Seite wird es subventioniert, dass Energiepflanzen im Tank landen, und der Großteil der Ackerflächen weltweit wird ja genutzt, um Tierfutter anzubauen. In der Diskrepanz ist das einfach erschreckend.

Carsten Roemheld: Und ein Aspekt kommt ja noch dazu bei der limitierten Anzahl von Agrarflächen: dass wir jetzt durch den Klimawandel auch zunehmend Dürren haben und eben Wasserknappheit herrscht und damit dann auch eben weitere Ernteausfälle drohen. Besteht bei uns in Europa auch die Gefahr, dass eine gewisse Nahrungsmittelknappheit auftreten kann durch die verschiedenen Umstände, die wir gerade besprochen haben?

Lisa Pörtner: Wir sind davor nicht gefeit, auf keinen Fall. Also das, was Sie ansprechen, ist ganz richtig. Man spricht ja auch, wenn man den Welthunger anschaut, immer von den 4 C, also auf Englisch: Das ist einmal die Klimakrise, das ist die Covid-Pandemie, das ist der Konflikt und das ist quasi der Postkolonialismus, also diese Ungerechtigkeit, die global herrscht.

Und die Klimakrise ist sicherlich etwas, was eine zunehmende Rolle spielt. Das haben wir ja in diesen Jahren, denke ich, haben das die meisten ja mitbekommen. Wir haben in sehr vielen Ländern der Welt Ernteausfälle aufgrund von Dürre, von extremen Temperaturen, von extremen Wetterereignissen. Also wenn man einen Blick nach Pakistan beispielsweise wirft. Und auch wir in Europa erleben das ja, also wir haben auch Ernteeinbußen – gibt‘s auch Daten dazu – durch zunehmende Klimaextreme. Und das wird sich natürlich verschärfen.

Es ist natürlich schwierig, da eine Zukunftsprognose zu treffen, weil das natürlich ganz, ganz stark die nächsten Jahre mitentscheiden. Wir haben das ja noch mit in der Hand, wie dramatisch diese Klimakrise sich entwickelt. Der Weltklimabericht hat ja in diesem Jahr seinen neuen Bericht vorgelegt und hat eben auch noch mal ganz klar aufgezeigt, dass die zunehmende Klimaerwärmung eine zunehmende Bedrohung für die Nahrungsmittelsicherheit weltweit darstellt; dass diese Bedrohung mit jedem Zehntel Grad Erwärmung zunimmt und dass im Extremfall zum Ende des Jahrhunderts ein Drittel der Ackerflächen weltweit, die aktuell landwirtschaftlich genutzt werden, nicht mehr oder nur eingeschränkt hier für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stehen werden.

Und das ist nämlich das, was ich am Anfang schon meinte: denn, dass wir mit unserem heutigen Ernährungssystem die zukünftige Ernährungssicherheit bedrohen und dass wir mit diesen kurzfristigen Reaktionen wie „Ach, wir schwächen jetzt mal die Umweltauflagen ab“, dass wir damit eigentlich diese Krise auch noch weiter verschieben und noch größer machen; weil die Nahrungsmittel wachsen ja nicht im Regal, sondern wir brauchen dafür ein stabiles Klima, wir brauchen dafür Wasser, wir brauchen gesunde Böden, wir brauchen die Artenvielfalt, zum Beispiel die Bestäuber.

Das sind ja alles Grundlagen für die Nahrungsmittelproduktion. Und wenn wir immer mehr Flächen nutzen, keinen Raum mehr lassen für die Artenvielfalt, immer mehr Pestizide, immer mehr Düngemittel einsetzen, weiter so viele Futtermittel produzieren für unsere Nutztiere, die dann Methan produzieren und damit die Klimakrise antreiben, dann zerstören wir die Grundlage für eine Nahrungsmittelproduktion in der Zukunft.

Carsten Roemheld: Sie sagen so schön, die Pflanzen wachsen nicht im Regal. Es gibt ja den Ansatz – um damit vielleicht den ersten Themenblock abzuschließen –, Proteine im Labor auch herzustellen. Ich weiß nicht, wie nah wir da dran sind. Es gibt ja schon vielversprechende Versuche. Inwieweit könnte das auch zu einer Lösung des Problems beitragen aus Ihrer Sicht?

Lisa Pörtner: Ja, also dieser ganze Themenblock der Fleischersatzprodukte oder ‚das Fleisch der Zukunft‘, so wird das vom Umweltbundesamt genannt, dazu gehört ja quasi dieses im Labor hergestellte Fleisch und dann mikrobiell hergestelltes Protein und eben pflanzliche Fleischalternativen. Das ist sicherlich ein sehr relevanter Sektor, der wichtig sein wird in der Wende, das ist aber ein Teil dieser Wende und einiges davon ist auch noch nicht so stark ausgereift.

Also beispielsweise jetzt das Laborfleisch, das steht ja noch sehr am Anfang. Ob das wirklich in Zukunft so sein wird, dass wir da große Mengen produzieren können und dass das dann auch wirklich deutlich umweltfreundlicher ist, da geht‘s ja vor allem um die Frage, wie viel Energie braucht das und wo kommt die Energie her. Das ist für die Bilanz natürlich ganz, ganz wichtig. Das wird ein entscheidender Aspekt sein, aber sicherlich sind das alles wichtige, zukunftsweisende Technologien, die weiterverfolgt werden müssen.

Carsten Roemheld: Kommen wir noch mal zu einigen Ihrer Anliegen oder einem der wichtigsten Punkte: die Lebensmittelverschwendung. Was aus Ihrer Sicht sind denn die wichtigsten Ursachen dafür, dass so viele Lebensmittel verschwendet werden? Und wie könnte denn eine Lösung aussehen, dass man diese Verschwendung zurückführen kann?

Lisa Pörtner: Also die Reduktion der Lebensmittelverschwendung um mindestens die Hälfte ist eben essenziell, damit wir zukünftige Umweltziele auch einhalten können. Und die Ursachen der Lebensmittelverschwendung liegen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, und zwar ist das von Land zu Land oder von Weltregion zu Weltregion unterschiedlich. Das ist in wärmeren Ländern so, und zwar im Süden so, dass viele Lebensmittel leider, also kurz nach der Produktion schon, verderben quasi, weil einfach Kühlketten nicht da sind oder entsprechend die Lagerbedingungen nicht da sind.

Bei uns ist es tatsächlich ja so, dass das Hauptproblem auf der Konsumseite liegt. Also da fängt es damit an, dass viele Lebensmittel gar nicht im Supermarkt landen, weil wir hier entsprechende Vorgaben haben, wie Obst und Gemüse auszusehen hat, und was diesen Vorgaben nicht entspricht, das kann dann gar nicht verkauft werden. Das ist ja schon mal ein Ansatz.

Dann so Dinge wie: Es gibt ein Mindesthaltbarkeitsdatum und dann wird das ungesehen in die Tonne geschmissen. Das ist natürlich auch was. Aber es wird eben auch ein großer Teil verschwendet bei der Außer-Haus-Verpflegung, in Restaurants oder auch Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen, aber eben auch in privaten Haushalten. Also das ist das, was wir im globalen Norden sehen.

Carsten Roemheld: Sind die Regularien aus Ihrer Sicht zu streng? Weil Sie sagen, gerade manche Lebensmittel finden gar nicht den Weg in den Supermarkt, weil sie aussortiert werden. Andere werden vielleicht vom Supermarkt weggeschmissen, weil ein Haltbarkeitsdatum draufsteht, was aber eigentlich für die für die Verwendung des Lebensmittels vielleicht nicht so relevant ist. Man könne sie dann anderweitig verteilen. Sind die Regularien zu streng aus Ihrer Sicht hier in den entwickelten Ländern?

Lisa Pörtner: Ja. Hier besteht Handlungsbedarf. Und meiner Meinung nach hängt auch ganz viel, finde ich, mit einer Wertschätzung für die Lebensmittel zusammen. Also da müssen wir auch noch mal einen anderen Bezug, finde ich, entwickeln. Aber ja, da ist auf jeden Fall Handlungsbedarf, ja.

Carsten Roemheld: Okay. Welche Verantwortung tragen denn aus Ihrer Sicht die großen Nahrungsmittel- und Saatgutkonzerne für das Thema? Welche Rolle spielen die großen Lebensmittelhändler? Weil aus der Industrie kommen ja viele Bekenntnisse, neuerdings auch viele Kampagnen, zu aktuellen Nachhaltigkeitsthemen, sauberes Trinkwasser bis zum Tierwohl usw. Die Unternehmen sind sicherlich Teil der Lösung; oder sind sie aus Ihrer Sicht eher Teil des Problems?

Lisa Pörtner: Beides. Das ist, glaube ich, wie in allen anderen Sektoren auch so. Wir haben im Lebensmittelsektor, das hatte ich ja auch schon kurz angesprochen, diese unfassbare Monopolisierung und Konzentration von Macht bei einzelnen Unternehmen. Und das ist natürlich ein immenses Problem und das ist genauso wie in anderen Bereichen auch, dass da einfach eine maximale Profitorientierung vorherrscht. Und das ist natürlich extrem bedenklich, weil da nicht das Ziel ist, alle Menschen gut und gesund zu ernähren, sondern das Ziel dieser Unternehmen ist, den maximalen Profit zu machen.

Das gilt genauso für große fossile Unternehmen, bei denen vielen ja das Problem mittlerweile bewusst ist: Das ist nicht gut. Da gibt es beispielsweise ja auch riesige Konzerne, die einen immensen Umweltfußabdruck haben und die ganze Zeit versuchen, sich aus der Verantwortung zu winden. Das heißt, hier liegt eine riesige Verantwortung der Unternehmen und gleichzeitig natürlich müssten sie Teil der Lösung sein. Sie müssen sich auf den Weg machen, sie müssen uns helfen, die Krisen zu begrenzen.

Und auch da sind natürlich die großen Unternehmen und auch die Lebensmittelhändler wichtig. Das hat ja schon Vorbildfunktion, wenn Unternehmen sich auf den Weg machen: Burger King macht ja jetzt beispielsweise dann Werbung für mehr pflanzenbasierte Burger; also bietet pflanzenbasierte Burger an oder so was. Nicht, dass ich jetzt ein riesiger Burger-King-Fan bin, aber das sind schon wichtige Signale, wenn Unternehmen und Lebensmittelhändler sich dementsprechend auf den Weg machen und die Situation anerkennen, in der wir sind, und die Notwendigkeit, hier etwas zu verändern, anerkennen und selbst auch mit dazu beitragen.

Carsten Roemheld: Jetzt haben wir ja gesagt, in einigen Bereichen sind die Regulierungen vielleicht zu scharf und zu hart. Auf der anderen Seite ist die Frage: Wäre es sinnvoll, dass der Staat auch beim Thema ‚Lebensmittelbesteuerung‘ eingreift? Derzeit werden ja nachhaltige Produkte genauso besteuert wie konventionelle. Sollte der Staat hier umsteuern, vielleicht eher eine pflanzenbasierte Ernährung finanziell fördern und den Konsum möglicherweise tierischer Produkte verteuern? Ist das aus Ihrer Sicht ein wichtiger und richtiger Ansatz?

Lisa Pörtner: Ja, also wir brauchen verschiedene politische Maßnahmen. Und diese finanziellen Maßnahmen, die Sie gerade angesprochen haben, sind auf jeden Fall ein wichtiger Teil davon. Wir wissen, dass diese finanziellen Maßnahmen wirken. Also wir müssen über Besteuerung sprechen, aber wir müssen auch schon vorher gucken, wir müssen auf die Subventionen gucken: Also wo fließen denn unsere Steuergelder überhaupt hin? Und da haben wir einfach ein massives Ungleichgewicht, die fließen seit Jahren, Jahrzehnten in die Tierindustrie und fördern diese massive Konzentration an Tieren, fördern die Massentierhaltung und fördern, dass diese Lebensmittel künstlich (!) billig gehalten werden.

Es gibt ja dieses Konzept der wahren Kosten: Also das eine ist ja der Preis, den ich an der Kasse zahle, aber die wahren Kosten, dafür müsste ich mir eigentlich angucken, welche Umweltfolgen hat dieses Lebensmittel, welche gesundheitlichen Folgen hat dieses Lebensmittel. Und diese wahren Kosten sind ja mitnichten eingepreist – im Gegenteil. Und wir tragen diese Kosten alle und insbesondere zukünftige Generationen tragen diese Kosten und das geht einfach nicht mehr.

Das heißt, wir müssen die Subventionen entsprechend anpassen und wir müssen die Besteuerung auch so anpassen, dass wir zumindest in die Richtung kommen, dass die Lebensmittel sich ihrem realen, wahren Preis annähern. Wir haben ja jetzt in einer Gruppe von Wissenschaftler*innen Anfang September einen ‚Policy Brief‘ veröffentlicht, in dem wir drei zentrale Maßnahmen vorschlagen für die deutsche Politik, um eben das Ernährungssystem mehr in Richtung ‚pflanzenbasiert‘ zu bewegen und eine Reduktion der tierischen Lebensmittel anzustoßen, die essenziell wichtig ist, damit wir die planetaren Grenzen einhalten können.

Und ein zentraler Hebel, den wir vorschlagen, ist eben, vor allem unverarbeitete pflanzliche Lebensmittel von der Mehrwertsteuer zu befreien. Und bei tierischen Lebensmitteln schlagen wir jetzt akut keine Erhöhung der Mehrwertsteuer vor, denn wir sind ja in einer prekären Situation mit der Inflation, wir haben schon steigende Preise für tierische Lebensmittel. Aber wir schlagen eben vor, als Anfang beispielsweise erst mal die Tierwohlabgabe einzuführen und mittelfristig aber schon dann auch an der Produktion anzusetzen, die Stickstoffüberschussbesteuerung einzusetzen, damit wir uns da eben den wahreren Preisen quasi annähern.

Von daher: Ja, diese finanziellen Mittel sind wichtige politische Hebel. Und das sagte ich ja eben auch: Es ist ja sogar das Gegenteil im Moment. Tierische Lebensmittel unterliegen ja einem verminderten Mehrwertsteuersatz von 7 % und einige pflanzliche Lebensmittel wie beispielsweise dann die Hafermilch oder so unterliegt dem normalen Satz. Das heißt, da steuert die Politik ja schon, aber eben in die falsche Richtung; deswegen muss das dann umsortiert werden.

Carsten Roemheld: Sie haben viel über die Reduktion auch der tierischen Nahrungsmittel gesprochen. Also man kann natürlich zusammenfassend sagen, wir essen alle zu viel Fleisch, vor allem wahrscheinlich in den westlichen Gebieten. Aber wie viel zu viel ist das eigentlich aus Ihrer Sicht? Kann man das in irgendeiner Art und Weise in Zahlen fassen?

Lisa Pörtner: Ja, das kann man sehr gut in Zahlen fassen. Also es gibt ja eine Wissenschaftskommission, die hat 2019 einen Bericht vorgelegt, den sogenannten ‚Lancet-Bericht‘, und in dem wird eine Ernährung vorgeschlagen mit relativ konkreten Mengenangaben, die eine wachsende Weltbevölkerung gesund ernähren könnte. Bei gleichzeitiger Einhaltung der planetaren Grenzen, das heißt die Vermeidung dramatischer Umweltschäden wie einer sich zuspitzenden Klimakrise.

Und hier sind eben für verschiedene Lebensmittelgruppen schon bestimmte Margen vorgeschlagen worden. Und da ist es so, dass eben als umweltverträglicher Pro-Kopf-Fleischkonsum ca. 15 kg genannt werden pro Jahr. Und wenn wir auf Deutschland schauen, dann sind wir leicht rückläufig; mittlerweile bei 75 kg Fleisch pro Kopf und Jahr. Das heißt, wir müssten den Fleischkonsum in Deutschland um ca. drei Viertel reduzieren. Für Milchprodukte sind es um die 60 %, um die der Konsum hier zurückgehen müsste. Und parallel dazu müsste der Konsum pflanzlicher Lebensmittel – also Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse –, müsste deutlich gesteigert werden. Und das hätte eben neben diesen Umweltvorteilen auch sehr große Vorteile für die menschliche Gesundheit. Das heißt, wir hätten hier eine sehr, sehr große Win-win-Situation, die für uns Ärzt*innen natürlich auch sehr relevant und interessant ist.

Carsten Roemheld: Und die Krankenversicherungen werden entlastet, das muss man auch dazu sagen, genau! Jetzt haben wir zwei Begriffe, die ich gerne noch mal mit Ihnen gegen Ende besprechen würde. Das eine ist, der immer wieder auftaucht, ein Begriff: ‚die Planetary Health Diet‘. Was genau ist das? Vielleicht können Sie uns noch mal ein bisschen erklären, wie das uns helfen kann, Ernährungsfragen zu lösen und gleichzeitig den Klimaschutz zu gewährleisten.

Lisa Pörtner: Genau, die ‚Planetary Health Diet‘ ist im Prinzip diese Ernährungsform, die ich gerade schon angesprochen habe. Also die wurde von dieser Wissenschaftskommission vorgeschlagen und das ist eben eine Ernährung, die stark pflanzenbasiert ist. Sie enthält also sehr viel Vollkorngetreide, viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, auch als gesunde Proteinquellen. Sie enthält mäßig dann noch Milchprodukte, also in mäßiger Menge noch Milchprodukte und weißes Fleisch, also Geflügelfleisch oder Fisch, und nur noch sehr wenig rotes Fleisch, also Fleisch von Rind und Schwein, denn das rote Fleisch ist eben besonders klima- und umweltschädlich, und wenig gesättigte Fettsäuren und wenig Zucker.

Die Planetary Health Diet kann dann sowohl flexitarisch umgesetzt werden als aber auch vegetarisch oder vegan, je nach persönlicher Vorliebe. Und die macht eben bestimmte Vorschläge für bestimmte Margen für die Lebensmittel; also, dass sie auch nach Kontext oder individuellen Vorlieben eben angepasst werden kann. Und das Reizvolle an dieser Ernährungsempfehlung ist eben, dass, wenn diese Ernährung selbst bei wachsender Weltbevölkerung von möglicherweise 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050, von all diesen Menschen umgesetzt würde, dann wäre das trotzdem eben vereinbar mit der Einhaltung der planetaren Grenzen, mit dem Erreichen globaler Umweltziele. Und gleichzeitig wäre das eine gesunde Ernährung für alle Menschen.

Und da ist natürlich ganz im Moment auch dieser Gerechtigkeitsaspekt. Wir müssen das natürlich von Land zu Land unterschiedlich betrachten. In Deutschland müssten wir beispielsweise stark den Konsum tierischer Lebensmittel reduzieren, in anderen Ländern müssten sie aber beispielsweise mehr tierische Lebensmittel zu sich nehmen, um eben einen besseren Ernährungsstatus zu erreichen. Und damit ist für mich dieser globale Gerechtigkeitsaspekt hier auch sehr zentral verankert.

Carsten Roemheld: Also eine Win-win-Situation, wenn man so möchte. Ein anderer Begriff, der immer wieder auftaucht, ist die ‚Farm-to-Fork-Strategie‘. Was verbirgt sich denn dahinter?

Lisa Pörtner: Die Farm-to-Fork-Strategie ist im Prinzip auf EU-Ebene eine EU-politische Strategie, die dazu dienen soll, die Landwirtschaft in Europa umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten. Das beinhaltet dann beispielsweise eine Steigerung der Flächen, die ökologisch bewirtschaftet werden sollen, das beinhaltet eine Reduktion des Einsatzes von Pestiziden oder künstlichen Düngemitteln. Das ist im Prinzip ein Teil der Strategie der EU zum Green Deal für mehr Umweltfreundlichkeit und für die Einhaltung der Umweltziele, unter anderem des Pariser Klimaziels, zu dem wir uns ja verpflichtet haben.

Carsten Roemheld: Und meinen Sie, das am Schluss vielleicht noch mal gefragt, dass wenn wir tatsächlich mehr eine staatliche Lenkung auch haben in diesen Bereichen, das vielleicht auch über Steuern und andere Anreizsysteme, dass diese etwas gesündere und gerechtere Ernährung, dass die auch von der Gesellschaft dann tatsächlich anerkannt und nachverfolgt wird? Oder glauben Sie, dass das eher auch Probleme mit sich bringt, dass viele Leute sagen, sie wollen sich nicht unbedingt vorschreiben lassen, was sie essen sollen, und dann vielleicht eher dem Ganzen ablehnend gegenüberstehen? Wie sehen Sie abschließend diesen Konflikt der Gesellschaft sozusagen?

Lisa Pörtner: Ja, also wir haben diesen „Konflikt“ ja in allen Bereichen. Wenn wir uns das angucken: Wir stehen ja unter einem Zwang, das muss man ja einfach sagen. Wir steuern in eine Klimakatastrophe, wir steuern in eine ökologische Katastrophe und die wird unser aller Lebensgrundlagen bedrohen, sie wird unser Wirtschaftswachstum bedrohen. Also es gibt auch kein Wirtschaftswachstum mehr auf einem kaputten Planeten. Das heißt, wir sind hier schon bestimmten Zwängen ausgesetzt, wenn wir die Kurve kriegen wollen und eine gesunde und nachhaltige Zukunft für alle Menschen gewährleisten wollen, dann müssen wir umsteuern. Und wir müssen auch ganz zentral im Ernährungssektor umsteuern.

Hier noch mal als Leitzahl: Ein Drittel aller menschengemachten Treibhausgasemissionen kommen aus dem Ernährungssektor. Das heißt, da kommen wir gar nicht drum rum, wir werden weder das 1,5- noch das 2-Grad-Ziel einhalten können, wenn wir hier nicht umsteuern. Das heißt, wir haben hier eine unbedingte Notwendigkeit. Und natürlich ist es aber extrem wichtig, die Menschen mitzunehmen und keine Zwänge aufzuerlegen. Und das funktioniert sicherlich auch im Ernährungsbereich überhaupt nicht, weil das natürlich auch wieder als sehr persönlich erlebt wird. Aber es gibt halt diverse politische Maßnahmen, die man umsetzen kann, um das auch zu erreichen.

Adäquat kommunizieren ist wichtig, dann eben die Anreize setzen und die Rahmenbedingungen so setzen, dass es eben einfacher wird und günstiger wird, sich so klimafreundlich, umweltfreundlich und natürlich und auch gesünder zu ernähren. Da gibt es ganze Maßnahmenpakete, die man umsetzen kann und wo man auch in Studien sieht, dass die Bevölkerung das auch mitgeht, wenn es eben wirklich so umfassende Pakete sind; wenn alle quasi betroffen werden, wenn ein sozialer Ausgleich stattfindet und wenn die gesamte Wertschöpfungskette auch mit einbezogen wird.

Und wichtig finde ich in dem Zusammenhang aber auch immer, noch mal zu sagen: Es ist ja nicht so, als wären wir jetzt grade komplett frei in unseren Entscheidungen, sondern die Rahmenbedingungen sind ja da. Also es ist ja nicht so, als wären die nicht da. Und das gilt auch für andere Bereiche. Wenn ich beispielsweise auf die Mobilität gucke, ist es ja so: Ich will demnächst mal eine längere Reise machen, das wäre viel einfacher für mich, weniger Zeit, weniger Geld, einfach einen Flug zu buchen, als mich stundenlang hinzusetzen und mir die Zugverbindungen rauszusuchen, die dann auch noch teurer sind.

Das ist ein politischer Anreiz. Und genau das gibt es im Ernährungsbereich auch so: Die Rahmenbedingungen sind im Moment so gesetzt, dass es billig ist eben, die tierischen Lebensmittel zu konsumieren; dass das der Standard ist, der überall angeboten wird. In der Gemeinschaftsverpflegung, im Restaurant, da ist man ja, wenn man kein Fleisch essen will, das hat sich schon etwas gebessert, aber da ist man ja eher in der Außenseiterposition und da gibt es eben diverse Anreize, die man setzen kann, da zwingt man ja dann niemanden. Aber man setzt eben die Rahmenbedingungen so, dass ein bestimmtes Verhalten gefördert wird. Und das ist politische Aufgabe.

Carsten Roemheld: Dann hoffen wir mal auf die Einsicht von Politik und Gesellschaft und die Kooperation, damit wir alle langfristig die positiven Effekte davontragen können und das auch hoffentlich an eine zukünftige Generation weitergeben können.

Vielen, vielen Dank, Frau Dr. Pörtner, für dieses sehr, sehr aufschlussreiche und spannende Gespräch, für die vielen Einsichten von Ihnen. Und dann hoffe ich, dass wir demnächst mit besseren Nachrichten vielleicht sozusagen wieder aufwarten können, und hoffe, dass wir uns in einiger Zeit vielleicht noch mal treffen können, um die Effekte zu besprechen oder besprechen zu können, die vielleicht aufgetreten sind.

Vielen Dank an Sie noch mal, vielen Dank an unsere Zuhörer und bis zum nächsten Mal.

Ihr Carsten Roemheld

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Lisa Pörtner

Dr. Lisa Pörtner ist Fachärztin für Innere Medizin mit Zusatzbezeichnung Geriatrie und Ernährungsmedizin. Nach langjähriger klinischer Tätigkeit ist sie aktuell als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Klimawandel und Gesundheit der Charité und des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung tätig und forscht dort zu gesunder und nachhaltiger Verpflegung an Gesundheitseinrichtungen. Zudem ist sie bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG e.V.) für den Bereich „Ernährung und Planetary Health“ zuständig.

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Stand: Oktober 2022

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