Finanzmarktprognosen gleichen oft den langfristigen Wetterprognosen – viele Einflüsse sind schlicht nicht vorhersehbar. Eindeutige Vorhersagen bleiben eine Herausforderung, weshalb Anleger besonders darauf achten sollten, die wesentlichen Treiber zu kennen. Für das Jahr 2026 haben wir drei zentrale Fragen identifiziert, deren Bedeutung für Investmententscheidungen wir näher beleuchten.

Wer sich über längere Zeit mit Marktausblicken und Kommentaren beschäftigt, erkennt schnell, dass die jährlichen Prognosen der verschiedenen Expertinnen und Experten rund um den Jahreswechsel ähnlich zuverlässig sind wie die besagten langfristige Wettervorhersagen. Zwar lässt sich die Ausgangslage zu Beginn eines neuen Jahres recht gut erfassen, doch alle weiteren Vorhersagen beruhen auf persönlichen Einschätzungen und Erwartungen – und meistens kommt es dann doch anders als gedacht.

Beispielsweise könnten neue Konflikte entstehen oder globale Pandemien die Weltgemeinschaft beschäftigen. Selbst wenn solche Szenarien im Jahr 2026 ausbleiben, bestehen weiterhin politische Unsicherheiten, etwa in Bezug auf die schwer vorhersehbare Wirtschafts- und Außenpolitik der Vereinigten Staaten.

Statt Vorhersagen zu treffen und Szenarien zu entwickeln, ist es häufig hilfreicher, gezielte Fragen zu stellen und deren Entwicklung im Laufe des Jahres zu beobachten. Hier sind drei besonders wichtige Fragen für das neue Jahr:

Frage 1: Setzt sich die Abwertung des US-Dollar fort?

Zu den wenigen Konstanten in der neuen Amtszeit von US-Präsident Trump gehört sein Versuch, den US-Dollar gegenüber anderen Währungen abzuwerten. Das soll Exporte aus den USA erleichtern, Importe durch höhere Preise für US-Bürgerinnen und US-Bürger bremsen und mehr Arbeitsplätze durch mehr in den USA gefertigte Produkte schaffen. Dazu hält Trump besonders den Druck auf die Fed aufrecht, möglichst zügig mit Zinssenkungsschritten voranzuschreiten. Die im Frühjahr 2026 anstehenden Personalentscheidungen insbesondere zur Nachfolge von Jerome Powell, könnte den Druck noch verstärken.

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Quelle 1:: Statista / finanzen.net, Monatswerte bis November 2025, Stand: 3.12.2025

Bereits im Jahr 2025 war die US-Dollar-Abwertung gegenüber anderen Weltwährungen - und insbesondere dem Euro von gut 11% seit Jahresbeginn1 - einer der wichtigsten Faktoren für Anlegerinnen und Anleger hierzulande. Durch eine Abwertung müssen US-Dollar-Anlagen nominal im Vergleich zu eurobasierten Portfolios höhere Renditen erzielen, um das Währungsrisiko auszugleichen.

Die Hauptchancen bei weiterer Dollar-Abwertung

Schwellenländer könnten besonderen Schub durch eine US-Dollar-Abwertung erhalten. Kredite in dieser Währung wären leichter zu tragen. Der Außenhandel in dieser Währung könnte weitere Impulse erhalten.

Die Hauptrisiken bei weiterer Dollar-Abwertung

Euro-Investoren müssen ihre Portfolios überdenken. Entscheidend ist die Rendite von Investments in Euro – oder der Grad der Absicherung von Erträgen gegen die Wechselkursveränderungen.

Frage 2: Wie geht es mit der Inflation weiter?

Im Mar-a-Lago-Accord, der als Vorlage für Trumps Wirtschaftspolitik in der zweiten Amtszeit dient, wird eine höhere Inflation zumindest vorübergehend akzeptiert. Sie dürfte für die derzeitige (aber auch jede künftige) US-Regierung auch erforderlich sein, um angesichts hoher und wachsender Staatsverschuldung die Last des Schuldendienstes zu reduzieren und den Staatshaushalt am Laufen zu halten.

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Inflationsrate in wichtigen Industrie- und Schwellenländern 2024. Quelle: Statista / IMF: „World Economic Outlook, October 2025“, Stand: 10/2025

Andere Zentralbanken könnten sich ebenfalls gezwungen sehen, die Zinssätze schneller als ursprünglich vorgesehen zu senken, um ihre Wechselkurse auf einem wirtschaftlich tragbaren Niveau zu halten, und damit der US-Notenbank Fed zu folgen. Dadurch würde die Inflation aus den USA in andere Länder übertragen.

Grundsätzlich begünstigen inflationäre Umfelder Unternehmen, die sich leichter für Investitionen verschulden können, weil abzusehen ist, dass sie die (nominalen) Gewinne durch Anpassung an ein höheres Preisniveau steigern können. Für Anlegerinnen und Anleger können Anlagen in Sachwerte wie Aktien dann ein guter Schutz des eigenen Kapitals gegenüber der womöglich schnelleren Geldentwertung sein.

Bei Anleihen erschwert eine steigende Inflation, real positive Erträge zu erzielen, ohne auf höher rentierliche und damit risikoreichere Anleiheklassen auszuweichen. Steigende Inflation erschwert bei Anleihen die Erzielung realer Gewinne, sofern man keine höheren Risiken eingeht.  Die aktive Steuerung der Anleihelaufzeiten – das sogenannte Durationsmanagement – wird im Zusammenspiel von Inflation und Zinsen immer wichtiger, um eine attraktive Rendite zu erzielen.

Hauptchancen bei höheren Inflationsraten

Das Umfeld begünstig Sachwertinvestitionen. Unternehmen können im inflationären Umfeld mehr Kapital zur Investition mobilisieren. Besonders Unternehmen mit Preissetzungsmacht können Gewinne steigern.

Hauptrisiken bei höheren Inflationsraten

Überhitzung der Wirtschaft mit Gefahr plötzlicher Einbrüche. Grundsätzliche Herausforderung für schwächer rentierliche Anlageklassen (z. B. Staatsanleihen). Erhöhte Anforderungen entstehen auch an das Risikomanagement von Portfolios, in denen die effektive stabilisierende Wirkung von Anleihen gegenüber Aktien durch die weiter auseinanderliegenden Renditen nachlässt.

Frage 3: Wie geht es mit KI weiter?

Künstliche Intelligenz (KI) verspricht als revolutionäre Technologie Produktivitätssteigerungen und damit höhere Unternehmensmargen. Dies ist die Grundlage dafür, dass der Markt auch bislang bereit ist, entlang der gesamten KI-Wertschöpfungskette höhere Bewertungen zu akzeptieren. Im Fokus standen dabei 2025 vor allem die Kernentwickler selbst sowie Hardwarehersteller, welche die für die Anwendungen erforderlichen Chips herstellen. Die Folge ist bekannt: Wenige Unternehmen erreichten gerade in den USA sehr hohe Bewertungen und konzentrieren sehr viel Kapital auf sich.

Als revolutionäre Technologie gilt die Künstliche Intelligenz (KI) als eine der Schlüsseltechnologien mit erheblichem Potenzial zur Steigerung der Produktivität und damit zur Erhöhung der Unternehmensmargen. Diese Perspektive bildet die Grundlage dafür, dass der Markt derzeit entlang der gesamten KI-Wertschöpfungskette bereit ist, höhere Bewertungen zu akzeptieren. Im Jahr 2025 richtete sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf die Kernentwickler  und die Hersteller von Hardware, die die notwendigen Chips für die Anwendungen produzierten. Die Folge ist bekannt: Wenige Unternehmen erreichten gerade in den USA sehr hohe Bewertungen und konzentrieren sehr viel Kapital auf sich.

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Quelle 2: LSEG Datastream, Fidelity International, November 2025

Die hohe Konzentration auf wenige Titel und die wechselseitigen ökonomischen Abhängigkeiten zwischen Chipherstellern und KI-Entwicklern bzw. Anwendungsentwicklern werden von Marktteilnehmern immer wieder kritisch hinterfragt. Das gilt besonders für „Circular Deals“ bei denen beispielsweise namhafte Chiphersteller in KI-Projekte von Startups oder Softwareherstellern investieren, die dann wieder Chips des Herstellers kaufen2. Ein „Dominoeffekt“ bei Aktien dieser Unternehmen mit deutlichen Korrekturen an den Aktienmärkten ist nicht auszuschließen, wenn auch nur ein Unternehmen in dem Konstrukt wackelt.

Andererseits ist die Wertschöpfungskette von KI lang und wird immer länger. Es gibt also sehr verschiedene Möglichkeiten, das Thema KI auch 2026 für Kapitalanlagen zu nutzen. Neben den bekannten Kernentwicklern gibt es auch weniger bekannte Unternehmen, die die notwendige Infrastruktur und Plattformen bereitstellen. Und: KI wird schon 2026 weitere Produktivitätssteigerungen in anwendenden Unternehmen bewirken – was sich positiv auf deren Margen auswirken dürfte.

Welche Zweitrundeneffekte der verstärkte Einsatz von KI haben wird, ist noch nicht abzusehen. Der guten Nachricht für Anlegende, deren Aktien im Wert mit steigenden Unternehmensgewinnen wachsen könnten, steht womöglich – gerade in den USA – ein Arbeitsmarkt gegenüber, bei dem Löhne und Gehälter unter Druck geraten, wenn Produktivitätssteigerungen durch KI zu höheren Produktionszahlen bei geringerem Personaleinsatz führen. Das gilt zumindest dann, wenn ein starkes Wirtschaftswachstum die Nachfrage nach Arbeitskräften nicht simultan wachsen lässt. Die Folge könnten dann zum einen zunehmende innenpolitische Spannungen durch ein weiter verstärktes Wohlstandsgefälle zwischen investierenden und arbeitenden Bevölkerungsteilen sein. Zum anderen könnten niedrigere Lohnabschlüsse zum Nachlassen von Kaufkraft führen und die traditionell immer auch stark binnenmarktorientierte US-Konjunktur ausbremsen.

Hauptchancen im Zusammenhang mit KI

In den verzweigten Wertschöpfungsketten von KI sind in den unterschiedlichsten Branchen auf Jahre Anwendungs- und Produktivitätspotenziale zu heben. Diese zu identifizieren und in der Kapitalanlage zu nutzen, wird auch 2026 ein wichtiges Thema sein. Wertsteigerungspotenzial bei Aktien mit KI-Bezug bestehen besonders jenseits der schon hoch bewerteten Kerntitel.

Hauptrisiken im Zusammenhang mit KI

KI-Kerntitel sind eng miteinander verbunden, und negative Dominoeffekte können sich rasch ausbreiten. Es gilt zudem, Folgeeffekte von Produktivitätssteigerungen durch KI im Auge zu behalten – insbesondere Auswirkungen auf die Verbrauchernachfrage als einer wichtigen Triebfeder für konjunkturelle Entwicklung.

Fazit: 2026 bleibt spannend

2026 beginnt mit einem günstigen Kapitalmarktumfeld, unterstützt durch erwartete Zinssenkungen und fiskalische Impulse, besonders in den USA und in den europäischen Kernländern wie Deutschland. Dennoch bleiben die Risiken, die schon aus 2025 bekannt sind, gegenwärtig: Hohe Konzentration an den Kapitalmärkten, ausgeprägte Risiken an den Währungsmärkten und ein ungewisser Inflationsausblick können im Laufe des Jahres immer wieder zu Reaktionen und Korrekturen an den Kapitalmärkten führen.  Ein breit gestreutes Portfolio, das auch Anlageklassen jenseits von Aktien und Anleihen umfasst – zum Beispiel Gold –, wird immer wichtiger. Ergänzend können Aktien von Unternehmen sinnvoll sein, die weniger konjunkturabhängig sind und sich durch regelmäßige Dividenden auszeichnen.

Quellen:

Statista / finanzen.net, Monatswerte bis November 2025, Stand: 3.12.2025
2„Nvidia’s $24B AI deal blitz has Wall Street asking questions about ‘murky’ circular investments“, Yahoo!finance, 19. November 2025

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