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Analystenumfrage: Gewinner und Verlierer der neuen Handelsordnung

Monica Li, Terry Raven, Rebecca Motta, Ben Traynor

Monica Li, Terry Raven, Rebecca Motta, Ben Traynor - Fidelity International

Zölle, Preisdruck und geopolitische Spannungen verändern die Regeln an den Märkten. Fidelity Analystinnen und Analysten zeigen auf, welche Branchen unter Druck geraten und wo neue Chancen entstehen. Besonders Asien zeigt sich überraschend widerstandsfähig.

In Kürze: 

  • Unternehmen aus Sektoren wie IT, Basiskonsumgüter, Gesundheit und Industrie sind mit ihrer starken Preissetzungsmacht besser gegen zollbedingte Mehrkosten gewappnet. 
  • Produktionsverlagerungen könnten Zölle abfedern. Das kann jedoch zu neuen Inflationsrisiken führen, etwa durch den Fachkräftemangel.
  • Unternehmen in Industrieländern leiden offenbar stärker unter Handelskonflikten als jene aus Asien-Pazifik und China. Dort beobachten Fidelity Analystinnen und Analysten teils neutrale oder gar positive Effekte.

Das Thema Handel dürfte auch für den Rest des Jahres dominieren. Unter Unternehmen kristallisieren sich dabei zwei Gruppen heraus: diejenigen, die sich lediglich gegen Zölle und andere Handelshemmnisse wappnen, und diejenigen, die aktiv Chancen nutzen wollen. Für Investorinnen und Investoren wird essenziell sein, diese beiden Gruppen voneinander zu unterscheiden und sowohl mögliche Zweitrundeneffekte als auch relative Auswirkungen im Blick zu behalten. 

Regionale Unterschiede bei Inflationssorgen
Je nach Region schätzen Unternehmen die Wahrscheinlichkeit und die Auswirkungen steigender Kosten sehr unterschiedlich ein. 

So rechnen 53 Prozent der Fidelity Analystinnen und Analysten in Nordamerika mit einem moderaten Anstieg der Kosten durch Inflation. Ähnliche Einschätzungen kommen von Teams, die sich auf Japan sowie EMEA und Lateinamerika fokussieren. An anderen Standorten erwarten einige Analystinnen und Analysten zwar auch einen stärkeren Kostendruck, doch geht dort die Mehrheit davon aus, dass die Inflationslast konstant bleibt oder nachlässt.

Gemischte Erwartungen bei der Kosteninflation 
Frage: Wie stark, wenn überhaupt, erwarten Sie inflatorischen Druck auf die Kostenbasis Ihres Unternehmens in den nächsten 12 Monaten?

Die Grafik zeigt den Anteil der Analystinnen und Analysten. Quelle: Fidelity International, Mai 2025.

Zölle gelten derweil eindeutig als Quelle einer einmaligen kostengetriebenen Inflation. Das gilt insbesondere für zyklische Konsumgüter. „Ein Großteil der Produkte der Unternehmen, die ich analysiere, ist aus Asien importiert“, sagt Cameron Ho, Analyst für den Einzelhandel in Nordamerika. Zak Gibson, Analyst für zyklische Konsumgüter in EMEA und Lateinamerika, bestätigt: „Bei Bekleidung stammen rund 90 Prozent der Importe aus China.“

Zollbelastung in Sektoren 
Frage: Wie stark sind die Kosten Ihrer Unternehmen von dauerhaften Änderungen beim Zollniveau betroffen?

Die Grafik zeigt den Anteil der Analystinnen und Analysten. Quelle: Fidelity International, Mai 2025

Deutlich weniger betroffen sehen Analystinnen und Analysten die Sektoren Finanzen, Immobilien und Basiskonsumgüter. „Banken beziehen kaum importierte Produkte“, sagt Thomas Goldthorpe, Finanzanalyst aus Kanada. „Ein indirekter Effekt könnte allerdings in einem schwächeren Kreditwachstum bestehen, sollte die Konjunktur tatsächlich abkühlen.“

Welche Unternehmen höhere Kosten weiterreichen können
Für Unternehmen, die stark von Zöllen betroffen sind, wird die Fähigkeit, die Kosten in Form höherer Preise weiterzugeben, entscheidend sein, um die Margen zu sichern. Auch hier ist das Bild uneinheitlich: Am besten aufgestellt sind laut Fidelity Analystinnen und Analysten die Branchen Informationstechnologie, Basiskonsumgüter, Gesundheitswesen und Industrie. Dort verfügen viele Unternehmen über eine moderate bis hohe Preissetzungsmacht. „Einzelhändler konnten Lebensmittelpreissteigerungen schon in den Jahren 2022 und 2023 problemlos weitergeben“, sagt Andrew Hall, Analyst für nordamerikanische Basiskonsumgüter. „Die durch Zölle verursachte Inflation dürfte hier zudem geringer ausfallen.“

Preissetzungsmacht variiert 
Frage: Inwieweit glauben Sie, dass Ihre Unternehmen in der Lage sind, gestiegene Kosten durch Zölle an ihre Kunden weiterzugeben?

Die Grafik zeigt den Anteil der Analystinnen und Analysten. Quelle: Fidelity International, Mai 2025.

Ähnlich sieht es im Industriesektor aus. „Triebwerkshersteller haben eine enorme Preissetzungsmacht“, sagt Oliver Trimingham, Analyst für europäische Luftfahrtunternehmen. „Sie operieren in Monopolen oder Duopolen, mit hohen Markteintrittsbarrieren und stark abhängigen Kunden.“ Auch Jonathan Tseng, Analyst im Halbleitersegment, ist optimistisch: „Die Branche ist bereits stark konsolidiert. Und es ist äußerst aufwendig, deren Produkte herzustellen.“

Allerdings gibt es Herausforderungen bei der Nachfrage. „Meine Unternehmen sind überwiegend hochqualitative Anbieter mit solider Preissetzungsmacht und Wettbewerbern, die ähnliche Lieferketten haben“, erklärt Dominic Hayes, Aktienanalyst mit Schwerpunkt auf Investitionsgüter. Die zentrale Frage sei nun, wie stark die Nachfrage nachlassen werde. In bestimmten Teilsegmenten ist diese bereits so schwach, dass die Preissetzungsspielräume schrumpfen. „Früher hätte ich meinen Unternehmen eine hohe Preissetzungsmacht attestiert“, sagt Emma Cunningham, Aktienanalystin für Luxusmarken. Sie hätten ihre Preise seit der Pandemie zu stark erhöht: „Nun stehen sie unter Druck. Denn die Konsumnachfrage ist brüchig und in weiten Teilen des Markts zeigt sich Ermüdung.“ 

Produktionsverlagerung: Chancen und Nebenwirkungen
Die meisten Analystinnen und Analysten berichten, dass die aktuelle Handelspolitik ihren Unternehmen zusetzt. Eine mögliche Reaktion darauf ist die Verlagerung von Produktionsstandorten entsprechend der Höhe der jeweiligen Zölle. „Ich denke, meine Unternehmen können ihre Lieferkettenstruktur anpassen“, sagt Penn Bowers, Analyst für japanische Gaming-Firmen. Zwar seien sie kurzfristig Zöllen ausgesetzt, langfristig seien sie aber recht anpassungsfähig.

In anderen Branchen ist eine Verlagerung schwieriger, vor allem, wenn viele Unternehmen gleichzeitig auf neue Standorte ausweichen wollen. Zwar könnte eine Umstrukturierung der globalen Lieferketten einzelne Firmen entlasten, doch könnten dadurch neue Inflationstreiber freigesetzt werden, die die ursprünglichen Zollkosten übersteigen. „Wenn etwa viele Unternehmen rasch in die USA umsiedeln, drohen dort Arbeitskräftemangel und steigende Löhne“, warnt Andras Karman, Analyst für Unternehmensanleihen im Automobilsektor.

Warum Asien besser gewappnet erscheint  
Auffällig ist die entspannte Haltung vieler Analystinnen und Analysten mit Fokus auf die Regionen Asien-Pazifik, China sowie EMEA/Lateinamerika: Laut ihrer Einschätzung haben die aktuellen Handelspolitiken kaum oder sogar positive Auswirkungen auf die von ihnen beobachteten Unternehmen (Grafik unten). Sollten die Spannungen anhalten, dürften Unternehmen aus entwickelten Märkten danach weitaus stärker unter Druck geraten.

Lieferketten unter Druck
Frage: Inwieweit beeinflussen die aktuellen Handelspolitiken die Lieferketten Ihrer Unternehmen im Vergleich zum üblichen Betriebsablauf?

Die Grafik zeigt den Anteil der Analystinnen und Analysten. Quelle: Fidelity International, Mai 2025.

In der nächsten Grafik ist ein ähnliches Bild zu erkennen. Im Gegensatz zu ihren Kolleginnen und Kollegen aus anderen Weltregionen sehen Analystinnen und Analysten aus Asien-Pazifik und China Lieferkettenprobleme deutlich seltener als Belastung für die Unternehmensgewinne. „Zölle haben kaum direkte Auswirkungen auf den Binnenkonsum“, sagt Alex Dong, Analyst für Konsumgüter und insbesondere Sportbekleidung in China. Gleichzeitig bemerkt er, dass das Konsumklima insgesamt schwächer werde, da es bislang kaum Impulse zur Förderung der Nachfrage seitens der Staatsführung gebe.

Lieferengpässe: Relative Ruhe in Asien 
Frage: Wie stark könnten Lieferengpässe (außer im Bereich Arbeitskräfte) Ihrer Einschätzung nach die Unternehmensgewinne in den nächsten 12 Monaten beeinflussen – sofern überhaupt?

Die Grafik zeigt den Anteil der Analystinnen und Analysten. Quelle: Fidelity International, Mai 2025.

Weitaus skeptischer äußert sich Evan Delaney, Fixed-Income-Analyst für nordamerikanische Telekommunikationsunternehmen. „Zölle dürften Handys wie das iPhone verteuern. Bliebe alles andere gleich, würde dies Konsumierende davon abhalten, ihre Verträge upzugraden“, so Delaney. Dies bremse das Wachstum bei Abos und Preisen.

Entscheidend ist nicht nur die absolute Belastung durch Zölle, sondern auch ihre relative Auswirkung auf den Wettbewerb zwischen Ländern und Branchen. „Indische Textilhersteller könnten von vergleichsweise günstigen Zollsätzen profitieren“, sagt Analyst Priyadarshee Dasmohapatra. Das könnte manchen Anbieterinnen und Anbietern im globalen Wettbewerb zusätzliche Verhandlungsmacht verleihen.

Auch mögliche Zweitrundeneffekte spielen eine Rolle. Sollte die Inflation in den USA wie erwartet weiter anhalten, wird es nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner geben. „Seit den Zöllen hat die Wahrscheinlichkeit für Zinssenkungen durch die Fed abgenommen. Infolgedessen dürften Banken ihre Nettozinsmargen in den nächsten zwölf Monaten sichern können“, sagt Sukhy Kaur, Analystin für Finanzanleihen. Eine hohe Inflation wirke sich zudem meist positiv auf Versicherungsmakler aus.

Trotz all der Herausforderungen gibt es auch Grund für Optimismus: Viele Managementteams sind heute besser gegen Krisen gewappnet als vor einigen Jahren. Schließlich ist es nicht der erste Stresstest in diesem Jahrzehnt. „Die Erfahrungen mit den Lieferkettenproblemen während der Corona-Pandemie waren für viele Branchen eine gute Vorbereitung“, sagt Abhishek Dhawan, Analyst für europäische Industrieunternehmen. Vor allem zyklische Firmen dürften mit diesem Wissen heute besser in der Lage sein, mit neuen Belastungen umzugehen.

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Stand, soweit nicht anders angegeben: Juni 2025. MK17012