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So wird 2024: Ein Ausblick in vier Szenarien

Salman Ahmed

Salman Ahmed - Global Head of Macro and Strategic Asset Allocation

Nach der stärksten Zins-Straffung seit Jahrzehnten wird das Wachstum der Industrieländer 2024 voraussichtlich stocken. Aber wie stark und wie lang? In vier Szenarien skizzieren wir mögliche Verläufe und die Folgen für die Kapitalmärkte. Der Überblick.

Die Entwicklung der Konjunktur und Kapitalmärkte im Jahr 2023 hat viele überrascht, sowohl Finanzmarktexpert:innen als auch Entscheider:innen in den Zentralbanken. Vermutlich haben wir die tieferen wirtschaftlichen Auswirkungen der vergangenen fünfzehn Jahre auf Haushalte und Unternehmen, einschließlich der Folgen der Pandemie, noch nicht endgültig verstanden. 

In den kommenden Monaten werden wir mehr Klarheit bekommen – über die Inflation, das optimale Zinsniveau und die Frage, wie widerstandsfähig der US-Arbeitsmarkt tatsächlich ist. Eines scheint fast unausweichlich: Die nächste Phase des Weltwirtschaftszyklus dürfte für mehr Volatilität sorgen. 

Wer 2023 auf einen Abschwung gewettet hatte, irrte sich. Nun setzen viele darauf, dass die Konjunktur in den Industriestaaten zu einer weichen Landung ansetzt, dass also die Zinserhöhungen und Straffungen der Geldpolitik der vergangenen beiden Jahre ausreichen, um Wirtschaft und Arbeitsmarkt allmählich wieder ins Gleichgewicht zu bringen. 

Wir sehen das jedoch anders.

Unser Basisszenario für 2024: Eine zyklische Rezession

Die größte Überraschung des Jahres 2023 war sicherlich die hohe Widerstandsfähigkeit der von der Fiskalpolitik unterstützten Verbraucher:innen und Unternehmen. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, erwarten wir 2024 nun aber endgültig eine Abkühlung der Wirtschaft. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits: Der Puffer an Ersparnissen, den Haushalte und Unternehmen während der Pandemie aufgebaut haben, ist fast aufgebraucht. Die fiskalische Unterstützung dürfte zurückgehen. Und der Refinanzierungsbedarf steigt in einer Zeit, in der die Kreditvergabe auf breiter Basis eingeschränkt wird. 

 

Die Ersparnisse der US-Verbraucher:innen sind fast aufgebraucht
Aggregierter Ersparnisüberschuss nach Beginn von Rezessionen

All das spricht für unser Basisszenario einer zyklischen Rezession. Die Inflation sinkt bereits, aber die Zinssätze werden noch etwas länger höher bleiben, und zwar so lange, bis es deutlichere Anzeichen dafür gibt, dass sie sich mittelfristig wieder dem Ziel der Notenbanken nähert. Dann werden die Zentralbanken umschwenken und die Zinsen senken. Der Schaden der hohen Zinsen für das Wirtschaftswachstum wird zu diesem Zeitpunkt bereits offensichtlich sein. 

Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es grundsätzlich eine Zeit dauert, bis sich eine Straffung der Geldpolitik auf die Realwirtschaft auswirkt – dass es aber in jedem Fall dazu kommen wird, wenn auch verzögert. Die Tatsache, dass die Inflation lange Zeit auf hohem Niveau verharrte, deutet nach unserer Analyse auf fehlgerichtete Erwartungen hin, die es noch auszugleichen gilt. Genau das dürfte durch eine moderate Rezession erreicht werden, vorangetrieben durch eine straffe Geldpolitik und die abklingende Wirkung der fiskalischen Unterstützung in den Industrieländern. Die Arbeitsmärkte werden sich dann normalisieren und die Preise stabilisieren. Ende 2024 kann die Wirtschaft dann bereits wieder in eine Phase der Erholung übergehen. In Europa, wo die Transmission von der Geldpolitik in die Realwirtschaft etwas effizienter funktioniert, gibt es bereits Anzeichen einer Rezession. Dies hat auch die Europäische Zentralbank bereits dazu veranlasst, sich wieder auf Wachstum zu konzentrieren. 2024 wird sich dieser Trend auch in den USA durchsetzen – all das unter der Bedingung, dass das wahrscheinlichste Szenario einer zyklischen Rezession eintritt.

Alternative Verläufe 

Wir sehen allerdings auch noch Raum für andere Möglichkeiten. Neben der zyklischen Rezession, die wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent erwarten, berücksichtigt unser Ausblick für 2024 daher auch mögliche Auswirkungen alternativer Verläufe:

  • Das harmlosere Szenario einer weichen Landung bewerten wir mit 20 Prozent Wahrscheinlichkeit.
  • Mit einer 10-prozentigen Wahrscheinlichkeit könnte es zu einer weitaus schwereren Bilanzrezession kommen, die zu weitreichenden Ausgabenkürzungen bei Unternehmen und Verbraucher:innen führen und sich bis ins Jahr 2025 durch die Wirtschaft ziehen würde. Angetrieben würde ein solches Szenario von einer Störreaktion auf sehr hohe Realzinsen.
  • Schließlich könnte es im Jahr 2024 auch überhaupt keine konjunkturelle Landung geben. Die Wirtschaft könnte allen Zinsanstiegen zum Trotz auf dem derzeitigen Wachstums- und Inflationsniveau verharren. Die Zentralbanken sähen sich dann zu einer weiteren, wenn auch schrittweisen Runde von Leitzinserhöhungen veranlasst. Auch dieses Szenario erwarten wir mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 10 Prozent.

Der Kurs der US-Notenbankpolitik, die Inflations- und die Wachstumspfade unterscheiden sich in den einzelnen Szenarien stark (siehe Grafik). Unweigerlich ist daher der Jahresverlauf 2024 mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet, sowohl hinsichtlich des Zeitpunkts als auch der Endpunkte dieser Entwicklungen.

 

Vier Szenarien für 2024 

Die Märkte sind noch optimistisch

Wie geschildert stützen die aktuellen Marktpreise das Szenario einer sanften Landung. Die Entscheidung der Notenbanken, die Zinssätze noch etwas länger hochzuhalten, könnte in diesem Fall helfen, die Inflation weiter auf ein Niveau zu senken, mit dem die politischen Entscheidungsträger zufrieden sind. Die Fed und andere würden dann mit einer Lockerung reagieren, um die Gefahr eines Anstiegs der Schuldenzahlungen für Haushalte und Unternehmen zu bannen, bevor diese den Aufschwung lähmen. Der Druck, die Löhne stärker anzuheben, würde nachlassen, da die Inflationserwartungen sinken und sich der Arbeitsmarkt stabilisieren würde. 

Das alles klingt wie aus dem Bilderbuch, in England wird ein solcher Ablauf in Anlehnung an die wohlklingende Märchenfigur auch gern als "Goldlöckchen-Szenario" bezeichnet. Bloß zeigen unsere Analysen, dass ein solches Szenario im Widerspruch zur aktuellen Inflations- und Arbeitsmarktdynamik steht. Umfragen unter unseren Aktien-, Renten- und Kreditanalyst:innen belegen, dass der Druck auf die Arbeitskosten der Unternehmen ungebrochen ist. Zudem werden geopolitische Spannungen und die Anforderungen der Energiewende den Aufwärtsdruck auf die Rohstoffpreise aufrechterhalten. Dies wiederum wird die Zentralbanken zwingen, die Zinssätze hochzuhalten. Und das wird früher oder später zu einem größeren Schock für das Wachstum führen als die Goldlöckchen-Verfechter:innen glauben. 

Die Rolle externer Einflüsse

Es kommen noch andere reale Herausforderungen für das Wachstum hinzu. So hat sich Chinas viel gepriesener Weg zur Erholung als steiniger erwiesen als erhofft. Die einzigartige Geschichte des Landes erfordert eine Reihe eigener Szenarien für 2024. Alles in allem gehen wir davon aus, dass Peking seine Wachstumsziele 2024 erreichen wird. Mehr aber auch nicht, denn in China wird eine Phase der kontrollierten Stabilisierung eintreten.

In einem Jahr, in dem in den USA Wahlen stattfinden, kristallisiert sich zudem erneut die starke parteipolitische Spaltung im Land heraus. Der Streit schränkt die Handlungsfähigkeit der Regierung massiv ein. Und die Wahl hat das Potenzial, die geopolitischen Gewichte sowohl in Asien als auch in Europa deutlich zu verschieben.

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine treibt die Rohstoffpreise in einer Zeit in die Höhe, in der das Angebot ohnehin bereits knapp ist. Die Risiken einer Ausweitung des Krieges zwischen Israel und der Hamas zu einem regionalen Konflikt bleiben ebenfalls bestehen. Damit einhergehen könnte auch ein Anstieg der Ölpreise, der wiederum zu einem weiteren Inflationsschock führen würde. Dieser Schock könnte wiederum zu einem schädlichen Anstieg der Zinssätze beitragen und damit das Risiko einer Stagflation erhöhen. 

Die politischen Entscheidungsträger werden derweil weiterhin die Grenzen des Finanzsystems austesten und die Staatsverschuldung noch mehr erhöhen. Während die Welt ihren ersten Ausstieg aus einer derart massiven quantitativen Lockerung vollzieht, gibt es noch vieles, was wir nicht wissen und nicht wissen können. Unser Rat an Investor:innen lautet daher: Stellen Sie sich auf kürzere Zyklen ein. Achten Sie auf Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage und auf Verzögerungen bei den Auswirkungen politischer Handlungen auf die Märkte. Ein volatiles makroökonomisches Umfeld erfordert in jedem Fall Wachsamkeit.

Die Meinung vor Ort

Wir haben Analyst:innen aus all unseren Teams befragt, um zu erfahren, wie ihre Branchen in den verschiedenen Szenarien abschneiden würden. In der nachstehenden Tabelle zeigen die aufwärts gerichteten Pfeile an, dass die meisten in der jeweiligen Branche positive Auswirkungen erwarten. Die Hintergrundfarbe gibt die Stärke dieser Antworten an. So antworteten beispielsweise die meisten Analyst:innen für Basiskonsumgüter, dass sich eine zyklische Rezession positiv auf ihren Sektor auswirken wird.

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Stand, soweit nicht anders angegeben: November 2023. MK15939