Das Vermögen in Geldmarktfonds klettert auf ein Rekordhoch. Das bedeutet: Anleger halten ihr Geld gerade offenbar lieber zusammen, als es mit Risiko zu investieren. Dabei geht es auch darum, die Früchte des reifen Zinszyklus zu ernten.

Das Bankenbeben im März 2023 brachte viel Bewegung in die Märkte. Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse kam es bei vielen Regionalbanken in den USA zu einer Kapitalflucht. Investoren suchten nach einer Möglichkeit, ihre Einlagen sicher unterzubringen. Allein im März flossen dabei über 300 Milliarden US-Dollar1 in Geldmarktfonds, die nun mit einem Gesamtanlagevermögen von 5,3 Billionen US-Dollar2 ein Rekordniveau erreichten. Das ist noch mehr als nach der großen Finanzkrise im Jahr 2008.

Glücklicherweise löste die Erschütterung des Bankensektors diesmal keine Kettenreaktion aus. Aber wir befinden uns im schnellsten Zinserhöhungszyklus der Geschichte – und müssen zugleich mit einer Rezession in den USA und in Europa rechnen. In derart unruhigen Zeiten bestechen Geldmarktfonds durch eine akzeptable Verzinsung und noch mehr durch eine hohe Liquidität, die viele Anleger ruhiger schlafen lässt. In den Portfolios finden sich vor allem kurzfristige fest oder variabel verzinste Rententitel. Die Fonds selbst lassen sich unkompliziert an der Börse handeln, die Gebühren sind vergleichsweise niedrig, und Anlegern bleibt die Sicherheit, jederzeit unbeschadet schnell an ihr Kapital zu kommen.

Im Aktiensegment stehen viele Anleger derweil an der Seitenlinie und beobachten die Lage lieber, statt jetzt zu investieren. Diese Zurückhaltung ist nicht allein auf eine mangelnde Risikobereitschaft zurückzuführen. Sie ist auch ein Ergebnis des durchaus verlockenden Risiko-Rendite-Profils, das der Geldmarkt aktuell bietet.

 

Kurzläufer vor Renditegipfel

Nach inzwischen zehn schnell aufeinanderfolgenden Leitzinserhöhungen werfen festverzinsliche Wertpapiere wieder attraktive Erträge ab. Obwohl US-Notenbankchef Jerome Powell dem Zinszyklus im Juni eine Pause gönnte3, verkündete er, dass noch zwei weitere Schritte folgen dürften. Geldmarktfonds können steigende Zinsniveaus recht schnell für ihre Anleger nutzen, da aktive Fondsmanager ihre Portfolios früher an das neue Umfeld anpassen können als beispielsweise Rentenfonds, die stark in festverzinsliche Wertpapiere mit längerer Laufzeit investiert sind.  

Unsere Analysten sind überzeugt: Der Zinsgipfel ist noch gar nicht erreicht. In den nächsten drei, sechs und auch zwölf Monaten könnten Geldmarktfonds in den USA bis zu 4,5 bis 5 Prozent Rendite4 abwerfen. Für einen Bruchteil des Risikos erwartet Anleger damit ein nahezu aktienähnliches Renditelevel – dies war zuletzt vor der großen Finanzkrise der Fall. 

Allerdings gehen Anleger, die hierzulande in US-Geldmarktfonds investieren, immer auch ein Währungsrisiko ein. Gibt der US-Dollar gegenüber dem Euro nach, kostet das Rendite. Um sich dagegen abzusichern, ist ein Währungs-Hedging möglich. Die aktuell 1,8 Prozent der Kosten dafür müssen von der Renditeerwartung von rund fünf Prozent abgezogen werden. 

Fest steht: Erst wenn sich die US-Notenbank vor dem Hintergrund einer möglichen Rezession zu Zinssenkungen entschließt, verliert auch die Anlage am Zinsmarkt wieder an Attraktivität. 

 

Fazit

Im derzeitigen Marktumfeld lockt der Geldmarkt mit einem lange nicht gekannten attraktiven Risiko-Rendite-Profil viel Kapital an – zumal viele Anleger in schwankungsreichen Zeiten riskantere Geschäfte meiden. Sollte die Wirtschaft in den kommenden Monaten positiv überraschen, die Inflation sinken und die Rezession milder ausfallen als befürchtet, könnte das verwahrte Vermögen aus dem Geldmarkt die nächste Aktienmarktrally stützen.

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