Die Notenbank Fed ist in der Geldpolitik unabhängig von der Regierung. Doch Donald Trump forderte zuletzt lautstark Zinssenkungen, kritisierte den Fed-Kurs und stellt so das Mandat infrage. Das ist gefährlich - für die Märkte und für das Anlegervertrauen.
Die Federal Reserve gilt als eine der mächtigsten Institutionen der Finanzwelt. Die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank beeinflussen nicht nur die Konjunktur, sondern wirken auf Kapitalströme, Zinsen und Wechselkurse weltweit. Die Grundlage dafür bildet ein doppeltes gesetzlich festgeschriebenes Mandat¹: Die Fed soll erstens Preisstabilität sichern und zweitens die Wirtschaft nahe an der Vollbeschäftigung halten. Zentral für das Vertrauen und die Wirkmacht der Notenbank ist ihre Unabhängigkeit von der aktuellen Regierung, die der US-Kongress im Jahr 1913 festgelegt hat.
Die Fed entscheidet vollständig ohne Regierungsvotum. Darüber hinaus steht sie auch finanziell auf eigenen Füßen: Ihr Budget speist sich nicht aus dem Staatshaushalt und damit aus Steuern, sondern finanziert sich über Zinserträge². Und schließlich ist sie darüber hinaus personell vom politischen Tagesgeschäft abgeschottet. Der Fed-Vorsitzende wird zwar vom US-Präsidenten ernannt, er kann aber nicht ohne Weiteres vor Ende seiner Amtszeit wieder abberufen werden. All das soll sicherstellen, dass geldpolitische Entscheidungen nicht nach Wahlprogrammen oder Kassenlage getroffen werden, sondern anhand handfester Wirtschaftsdaten.
Trotz all dieser Vorkehrungen zur Sicherung der Unabhängigkeit haben Präsidenten immer wieder versucht, Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen. Schon Lyndon B. Johnson wollte eine lockerere Geldpolitik durchsetzen, um ambitionierte Ausgaben zu finanzieren³. Richard Nixon drängte den damaligen Fed-Chef Arthur Burns⁴ vor seiner Wiederwahl 1972 dazu, die Zinsen zu senken und so kurzfristig die Wirtschaft anzukurbeln. Das Vorgehen mündete in einer langanhaltenden Inflationswelle. Zuletzt mischte sich Donald Trump wiederholt ein. Im April nannte er Fed-Chef Jerome Powell „Mr. Too Late“ und fordert seither immer wieder Zinssenkungen⁵,⁶.
Ein notwendiger Interessenkonflikt
Doch diese Forderungen sind aus ökonomischer Sicht unangebracht. Denn Geldpolitik von Notenbanken wirkt nicht über Nacht. Ihre Effekte entfalten sich erst mit Verzögerung, sickern über veränderte Erwartungen, Finanzierungsbedingungen und das Verhalten von Konsumenten sowie Unternehmen langsam ein. Wer geldpolitische Entscheidungen nun auf kurzfristige Ziele ausrichtet, riskiert Schieflagen: zu viel Schwung oder eine zu harte Bremse. All das sorgt für Nervosität an den Märkten.
Für Anlegerinnen und Anleger ist die Unabhängigkeit der Fed darum mehr als bloß ein Detail in der Verfassung. Geldpolitische Entscheidungen können Kreditkosten, Wechselkurse und die Stabilität des Staatsanleihemarkts maßgeblich beeinflussen. Wenn Zweifel daran aufkommen, ob der Notenbankkurs womöglich politisch manipuliert wurde, kann das zu erheblichen Verwerfungen an den Märkten führen. Risikoaufschläge und Renditen bei Staatsanleihen steigen, vor allem bei langlaufenden Papieren droht ein Ausverkauf.
Hinzu kommt: Wer derzeit US-Staatsanleihen kauft, setzt damit ja nicht nur auf Rückzahlung und Zinsen, sondern auch auf ein stabiles geld- und fiskalpolitisches Umfeld. Gerät dieses Vertrauen durch zu viel politischen Einfluss ins Wanken, dann stellt sich die Frage nach der Verlässlichkeit der Schuldenfinanzierung. In einem hoch verschuldeten politischen System wie dem der USA wäre ein solcher Vertrauensverlust fatal. Die Unabhängigkeit der Notenbank ist also auch Voraussetzung für solide Staatsfinanzen und eine zweifelsfreie Bonität des Schuldners. Doch genau diese Autonomie gerät in den USA derzeit zusehends unter Druck.
Fazit
Die Unabhängigkeit der Fed ist keine technische Fußnote, sondern Voraussetzung für einen funktionierenden Kapitalmarkt. Politische Entscheidungsträger können rhetorisch Druck ausüben. Regulatorisch ist ihr Einfluss dagegen aus guten Gründen begrenzt. Denn um institutionelles Vertrauen zu bewahren, brauchen Marktteilnehmer die Gewissheit, dass Notenbanken allein ihrem Mandat folgen und keiner politischen Agenda.
Quellen:
¹ https://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/monetary-policy-what-are-its-goals-how-does-it-work.htm
² https://www.frbsf.org/research-and-insights/publications/doctor-econ/2006/05/federal-reserve-funding/
³ https://www.richmondfed.org/publications/research/econ_focus/2016/q3-4/federal_reserve
⁴ https://www.npr.org/2025/02/07/nx-s1-5288129/what-happened-when-richard-nixon-wanted-more-control-over-interest-rates
⁵ https://www.n-tv.de/wirtschaft/der_boersen_tag/Trump-attackiert-Mr-Too-Late-Risikopraemien-steigen-leicht-article25718194.html
⁶ https://www.forbes.com/sites/dereksaul/2025/05/08/trumps-attacks-on-feds-powell-explained-why-president-called-him-a-fool/
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