Der US-Dollar verliert seit Jahresbeginn massiv an Wert. Für viele Anlegerinnen und Anleger ist das ein Anlass, ihr Portfolio neu auszurichten: robust, international und breit gestreut. Denn der schwache Dollar kennt nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner.

Viele Aktienindizes notieren derzeit nahe ihren Höchstständen. Auch die Bewertungsprämie auf US-Titel ist überraschend wieder angestiegen. Während sich die Börsen erholen, setzt sich jedoch ein anderer Trend unbeirrt fort: die Abwertung des US-Dollars. Im ersten Halbjahr 2025 hat die Weltleitwährung über zehn Prozent eingebüßt.1 Es ist der stärkste Rückgang in den ersten sechs Monaten seit 1973, dem Jahr, in dem Bretton Woods endete und der Dollar vom Gold entkoppelt wurde. Die starke Abwertung hat die Kursgewinne der US-Titel aus Sicht von Euro-Anlegerinnen und -Anlegern sogar in den negativen Renditebereich gebracht.

Treiber dieser Entwicklung ist vor allem die US-Fiskalpolitik. Die Staatsschulden nähern sich der historischen Marke von insgesamt 37 Billionen US-Dollar.2 Präsident Trumps umfassendes Steuersenkungspaket – das sogenannte „One Big Beautiful Bill“ – könnte den Schuldenberg Prognosen zufolge in den kommenden zehn Jahren um weitere drei Billionen US-Dollar anwachsen lassen.3 Die Konsequenz: Das Vertrauen in die Tragfähigkeit der US-Staatsfinanzen schwindet. 

Die Zentralbanken haben weltweit ihre Konsequenzen gezogen. Laut Schätzung der Londoner Edelmetall-Analystinnen und -Analysten von Metals Focus werden die Zentralbanken 2025 rund 1.000 Tonnen Gold kaufen.4 Das entspricht etwa einem Viertel der weltweiten Nachfrage. Es ist bereits das vierte Jahr in Folge mit massiven Käufen, die nicht nur dem Inflationsschutz, sondern auch der strategischen Diversifikation ihrer Währungsreserven dienen. Der US-Dollar bleibt zwar das Rückgrat des globalen Finanzsystems, doch seine Dominanz zeigt Risse. Darüber habe ich zuletzt im Fidelity Podcast auch mit dem deutschen Ökonomen Jörg Bibow gesprochen, der als Professor am Skidmore College in New York forscht und lehrt. 

Schwächerer Dollar – gut für internationale Aktien? 
Ein fallender Dollar bewegt mehr als nur Devisenkurse. Er beeinflusst Kapitalströme und die Bewertung von Aktien. Eine 40-Jahres-Analyse des Wall Street Journals zeigt: In Monaten mit einem sinkenden US-Dollar stiegen die Kurse internationaler Aktien im Durchschnitt um 2,57 Prozent.5 Bei einem stärkeren US-Dollar lag das Plus dagegen nur bei 0,16 Prozent. Das führt zu einem beachtlichen Renditeunterschied von über zwei Prozentpunkten im Monat. 

Der Grund dafür ist vor allem der Wechselkurseffekt. Unternehmen, die Umsätze in Euro, Yen oder Yuan erwirtschaften, erzielen bei einem fallenden US-Dollar höhere Umrechnungserlöse. Das macht sie für Investorinnen und Investoren, insbesondere in den USA, attraktiver. Auch viele Schwellenländer profitieren davon: Rohstoffe, die weltweit in US-Dollar gehandelt werden, werden dann günstiger und die Nachfrage für rohstoffexportierende Länder steigt. Gleichzeitig sinkt die reale Schuldenlast, sofern das Land ebenfalls in US-Dollar verschuldet ist. 

Es gibt jedoch noch andere Wechselwirkungen: US-Exporteure mit globaler Aufstellung etwa können durch einen fallenden US-Dollar an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen – rund 40 Prozent der Umsätze im S&P 500 werden schließlich im Ausland erwirtschaftet.1 Europäische Exporteure geraten hingegen unter Druck, da der stärkere Euro ihre Produkte in den USA verteuert, die Nachfrage dämpft und die Gewinne schmälert. Deutsche Unternehmen wie SAP, BASF oder Brenntag, die viel in die USA liefern, haben bereits ihre Gewinnprognosen gesenkt. Analystinnen und Analysten erwarten für das zweite Quartal 2025 insgesamt einen leichten Gewinnrückgang bei europäischen Unternehmen.6 Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass sich die Unternehmen auch auf die veränderten Bedingungen einstellen und ihre Strategie entsprechend anpassen, indem sie beispielsweise Kosten senken. 

Einem schwächeren Dollar kann man also nicht einfach damit begegnen, dass man von den USA in den Rest der Welt umschichtet. Auf US-Klumpenrisiken und kluge Diversifikation zu achten, ist mehr denn je gefragt. Wer sein Portfolio zu stark auf eine einzige Region und eine Leitwährung ausrichtet, macht es anfällig für Währungsschwankungen, Handelskonflikte und geopolitische Spannungen. Für Anlageentscheidungen ist auch ausschlaggebend, wie international Unternehmen aufgestellt sind, in welchen Währungsräumen sie aktiv sind und wie stark sie von handelspolitischen Maßnahmen wie Zöllen betroffen sein könnten. Diese Punkte sind aktuell besonders kritisch. Und sie hängen nicht allein von der Schwäche des US-Dollars ab. 

Fazit 
Der US-Dollar schwächelt, was ein Umdenken im Portfoliokontext erforderlich macht. Doch nicht jedes Auslandsinvestment ist automatisch die bessere Wahl. Wer Chancen weltweit nutzen will, braucht weitere Kriterien: Wirtschaftliche Substanz, stabile politische Rahmenbedingungen und Geschäftsmodelle, die Währungsrisiken nicht schutzlos ausgeliefert sind, sind entscheidend für den Erfolg. Wer das bedenkt, investiert nicht gegen, sondern über den schwachen US-Dollar hinaus.
 

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Carsten Roemheld

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